Posts Tagged ‘SPD’

Braucht Regensburg eine Straßenbahn?

April 25, 2024

Die SPD hat sich jüngst in einer Delegiertenkonferenz geschlossen hinter das Projekt einer „Stadtbahn“ gestellt, womit die Wiedereinführung einer Straßenbahn in Regensburg gemeint ist, die insgesamt 1,2 Milliarden Euro kosten soll. Am 9. Juni wird über dieses Projekt zeitgleich mit der Europawahl in einem Bürgerentscheid abgestimmt. Die SPD stellt sich geschlossen hinter die „Stadtbahn“ und wirbt für ein Ja im Bürgerentscheid. Auf Regensburg Digital ist jetzt mein Bericht von Weichenstellung auf der Stadtverbandsdelegiertenkonferenz online zu lesen. Die Positionen der Stadtbahngegner sind hier zu finden.

Plenum der Stadtverbandsdelegiertenkonferenz am 21.4.2024 im Gewerkschaftshaus.

National Identity in Fukuyama and German Parties

Januar 31, 2024

In the seminar discussion during my studies at the University of Münster in the summer semester of 2020, it became apparent that the focus developed by Francis Fukuyama in his 2018 book „Identity“ on identity politics as a key to understanding our political present was given little significance for Europe and was seen more as a field of conflict in the United States.

However, due to immigration and an increasing proportion of the population with a migration background, there is an expectation of growing diversity and identity-related conflicts in Germany and Europe as well. The controversies that followed the killing of the African American George Floyd in Minneapolis by a white police officer at that time were not limited to America but also led to controversies in Germany regarding racism, national monuments, and street names—issues related to identity.

My paper, which is now published by GRIN Verlag, aims to explore to what extent the ideas presented in Francis Fukuyama’s book „Identity“ can be found in Germany, focusing on a specific aspect. In the context of a term paper, it is not possible to compare Fukuyama’s entire thought world with the overall situation in Germany. Therefore, the investigation focuses on examining the extent to which parallels to Fukuyama’s concept of national identity as a prerequisite for a liberal democracy and modern statehood can be found in the party programs of German Bundestag parties. The question addressed is what programmatic answers German parties provide in the face of societal forces and political polarization regarding the identity of German society and what holds it together.

Upon comparison with Fukuyama’s positions, it can be noted that, as expected, conservative and right-wing parties such as CDU, CSU, and AfD place significant importance on the comprehensive cultivation of national identity, while liberal and left-wing parties like FDP, Alliance 90/The Greens, SPD, and The Left give little and fragmented thought to national identity. Fukuyama’s U.S.-influenced position, however, diverges from the programs of German parties in that none of the German parties advocate for the exclusive attribution of citizenship based on jus soli (birth on the territory of a country). In this regard, the liberal and left-wing parties, with their calls for greater openness and lower thresholds for the naturalization of immigrants, align more with Fukuyama than the conservative and right-wing parties.

University and State Library of Münster.

Nationale Identität bei Fukuyama und deutschen Parteien

Januar 31, 2024

In der Seminardiskussion während meines Studiums an der WWU Münster im Sommersemester 2020 wurde deutlich, dass der von Francis Fukuyama in seinem Buch „Identity“ von 2018 entwickelte Fokus auf die Identitätspolitik als Schlüssel zum Verständnis unserer politischen Gegenwart wenig Bedeutung für Europa beigemessen und mehr als US-amerikanisches Konfliktfeld gesehen wurde.

Jedoch ist aufgrund von Einwanderung und eines zunehmenden Anteils an der Bevölkerung von Menschen mit Migrationsvorgeschichte von zunehmender Diversität und identitätspolitischen Konflikten auch in Deutschland und Europa auszugehen. Die Auseinandersetzungen, die damals der Tötung des Afroamerikaners George Floyd in Minneapolis durch einen weißen Polizeibeamten nachfolgten, beschränken sich nicht auf Amerika, sondern führten auch in Deutschland zu Kontroversen um Rassismus, nationale Denkmäler und Straßennamen, also um identitätsbezogene Themen.

Meine Arbeit, die nun beim GRIN Verlag veröffentlicht wurde, will anhand eines Einzelaspekts der Frage nachgehen, inwieweit sich die Vorstellungen des Buchs „Identity“ von Francis Fukuyama auch in Deutschland wiederfinden. Im Rahmen einer Hausarbeit lässt sich nicht die gesamte Gedankenwelt Fukuyamas auf die deutsche Gesamtsituation abgleichen. Daher wird untersucht, inwieweit sich Entsprechungen zu Fukuyamas Konzept einer nationalen Identität als Voraussetzung einer liberalen Demokratie und moderner Staatlichkeit in den Parteiprogrammen deutscher Bundestagsparteien finden. Welche Antwort geben die deutschen Parteien programmatisch angesichts von gesellschaftlichen Fliehkräften und politischer Polarisierung auf die Frage, welche Identität die deutsche Gesellschaft eigentlich hat und was sie zusammenhält?

Beim Abgleich mit den Positionen Fukuyamas lässt sich festhalten, dass erwartungsgemäß die konservativen und rechten Parteien CDU, CSU und AfD großen Wert auf die umfassende Pflege einer nationalen Identität legen, während die liberalen und linken Parteien FDP, Bündnis90/Die Grünen, SPD und die Linke sich nur wenig und fragmentarisch Gedanken über nationale Identität machen. Fukuyamas US-amerikanisch geprägte Position liegt aber insofern quer zur Programmatik deutscher Parteien, als sich die Forderung nach alleiniger Zuweisung von Staatsbürgerschaft nach dem ius soli, also der Geburt auf dem Territorium eines Landes, bei keiner deutschen Partei findet und so die liberalen und linken Parteien mit ihrer Forderung nach größerer Offenheit und niedrigeren Schwellen für Einbürgerungen von Einwanderern Fukuyama eher entgegenkommen als die konservativen und rechten.

Merz macht mobil

Februar 16, 2020

Illustration Merz-Auftritt

Stefan Friedrich (li.) vom Berliner Forum Mittelstand begrüßte Friedrich Merz (re.), der die Lacher und das Publikum auf seiner Seite hatte. Foto: Forum Mittelstand.

Bejubelt von Junger Union, eingeladen vom Berliner „Forum Mittelstand“ um Stefan Friedrich, und umlagert von einer Pressemeute trat Friedrich im prall gefüllten Berliner Ballhaus auf und gab eher in der Art eines „Elder Statesman“ recht launig seine Einschätzung zur politischen Lage zum Besten. Auf die beharrlichen Nachfragen von BILD-Journalist Nikolaus Harbusch, ob er Kanzler oder Parteivorsitzender der CDU werden wolle, mauerte Merz und wurde nicht konkret. „Er wolle seinen Beitrag leisten“, die CDU wieder über 35 Prozent zu bringen. Vor allem das Wiedererstarken politischer Kräfte rechts der Union treibe ihn um und habe ihn auch zur Kandidatur für den Parteivorsitz 2018 bewegt. Er sprach diesbezüglich sogar von „Gesindel“, nahm diese Formulierung jedoch auf Nachfragen aus dem Publikum wieder zurück.

Das Erstarken der politischen Ränder sei ein Ergebnis von Orientierungslosigkeit und empfundener Führungslosigkeit. Die Streitkultur in der politischen Mitte müsse wiederbelebt werden, die Groko habe diese beschädigt, es sei ein Fehler der FDP gewesen, nicht in die Jamaika-Koalition im Bund gegangen zu sein, dann wäre die SPD die größte Oppositionspartei geworden und nicht die AfD. Die CDU sei in einer ähnlich gefährlichen Lage wie die SPD, sie müsse jetzt in der ganzen Breite Themen anbieten. Noch könne man an die AfD verlorene Wähler zurückholen, aber nicht mehr lange. Wie das gelingen soll wurde deutlich, als Merz über das Problem der Vollverschleierung an Universitäten räsonierte, das Immigrationsthema ansprach und Bemerkungen zu Grenzkontrollen machte.

Zur außenpolitischen Lage merkte Merz an, dass die Wiederwahl Trumps bevorstehe und China an seine große Vergangenheit wieder anknüpfe. Aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit von diesen beiden Ländern müsse sich Europa befreien. Trump mache das, was er angekündigt habe, die Pax Americana gehe jetzt dem Ende zu, was unter anderem an den nach dem 2. Weltkrieg geschaffenen internationalen Institutionen sichtbar werde. Das werfe die Frage auf, welchen Beitrag jetzt „wir“ zur Stabilisierung der internationalen Lage, etwa im Nahen Osten, beitragen werden. Deutschland sei zwar durch Größe und geostrategische Lage zur Übernahme internationaler Verantwortung gezwungen, allein könne es aber freilich wenig ausrichten, Europa hingegen viel.

Hinsichtlich des Klimawandels konstatierte Merz: „Wir haben ein ernsthaftes Problem!“ Die CDU müsse hier eigene Lösungen anbieten. Eine CO2-neutrale Wirtschaftsweise  sei aber nur mit der Industrie realisierbar, nicht gegen sie, alles andere führe ins Elend.

Premiere der AfD beim Katholikentag

Mai 12, 2018

Immer wieder Pfiffe und Buhrufe: Beim Katholikentagspodium „Nun sag‘ wie hältst du es mit der Religion“ ging es am Samstag hoch her. Schon im Vorfeld war heftig darüber diskutiert worden, ob ein AfD-Bundestagsabgeordneter zum Katholikentag eingeladen werden soll. Die Veranstalter entschieden sich dafür, so dass auf dem Podium die Vertreter aller im Bundestag vertretenen Parteien saßen, darunter auch der religionspolitische Sprecher der AfD, Volker Münz.

Antifa gegen die AfD

„Suche Frieden, nicht die AfD“, skandierten Störer der Veranstaltung. Foto: Grafenstein

Rund 1.000 Menschen demonstrierten am Nachmittag gegen die Teilnahme der AfD am Katholikentag. Unter dem Motto „Keine Bühne für die AfD“ zogen sie friedlich durch die Innenstadt. Noch bevor die Diskussion losging, entrollte eine Antifa-Gruppe vor der Tribüne ein Transparent mit der Aufschrift „Suche Frieden, nicht die AfD“ und protestierte gegen den Auftritt des Abgeordneten, was aus Teilen des stark fraktionierten Publikums mit „Haut ab!“-Sprechchören beantwortet wurde.  Nach diesem Zwischenfall kam trotz der hitzigen Atmosphäre eine engagierte, aber ruhig ausgetragene Diskussion in Gang.
Münz verteidigte dort seine Auffassung, dass die Kultur und Rechtsordnung in Deutschland zum großen Teil auf dem Christentum basierten. Das christliche Menschenbild sei sehr wohl in der Grundordnung seiner Partei vertreten. Er könne allerdings nicht den Kopf für alle Menschen in seiner Partei hinhalten.
Münz übte scharfe Kritik am Islam, der die Menschenrechte nicht akzeptiere und auch nicht wesensmäßig zu Deutschland gehöre. Zugleich wandte er sich dagegen, dass sich die Kirche in Politik einmische. Das sei nicht ihre Aufgabe. Deutschland könne nicht immer weitere Millionen von Flüchtlingen aufnehmen, es müsse bei den Fluchtursachen angesetzt werden. Das Kopftuch im öffentlichen Raum, insbesondere in Schulen, lehne er als Unterdrückung der Frau ab.  Alle anderen Parteien-Vertreter wehrten sich gegen Verallgemeinerungen beim Islam. Natürlich müsse gegen eine radikalisierte Form vorgegangen werden. Die große Mehrheit der Muslime lebe aber friedlich in Deutschland, so etwa der Unionsabgeordnete Christian Hirte.

Schließlich kam doch noch eine zivilisierte Diskussion zu Stande. Moderator Thomas Arnold (li.) mit Bettina Jarasch, Christian Hirte (CDU) und Volker Münz (AfD). Foto: Grafenstein

Die religionspolitische Sprecherin der Linken, Christine Buchholz, nahm zur Religionspolitik in ihren eigenen Reihen Stellung: Sie betonte, ihre Partei sei „nicht religiös, aber auch nicht anti-religiös“. Minderheitsreligionen müssten bei klarer Trennung von Kirche und Staat ihre Religion gleichberechtigt leben dürfen, was derzeit noch nicht gewährleistet sei. Individuelle Bekenntnisse zu Religionen durch Kleidung oder Symbole seien vertretbar, aber nicht Kreuze an der Wand von öffentlichen Gebäuden.
Bettina Jarrasch (Die Grünen) aus Berlin begrüßte die religionsfreundliche Haltung des Staates in Deutschland.  Auch Muslime müssten gleiche Rechte haben. Für die Zukunft hält sie wenig optimistisch schwere religiöse Konflikte für möglich.
Die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, Kerstin Griese (SPD) betonte, sie erwarte von den Kirchen, dass sie sich in Politik einmischten. Kirche werde ihrer Aufgabe nicht gerecht, wenn sie sich nicht für die Schwachen und Armen engagiere. Hirte meinte, es könne den Politikern zwar nicht alles gefallen, was die Kirchen sagten. Trotzdem müssten die Kirchen gesinnungsethisch ein Stachel im Fleisch sein. „Dass uns das nicht immer gefällt, ist doch ganz klar“, so Hirte.

Kriegerdenkmäler in Münster: Bildersturm nach dem Schildersturm?

Februar 19, 2018

Foto: Grafenstein

Münster hat in der jüngsten Vergangenheit eine heftige Debatte um die Umbenennung des Hindenburgplatzes in  Schlossplatz erlebt. Nach den Straßenschildern aus vergangenen Zeiten haben die Fraktionen von CDU, SPD und Grünen in der Bezirksvertretung Mitte nun neue Steine des Anstoßes entdeckt: Die vielen Kriegerdenkmäler in Münster, die noch aus der Vergangenheit als bedeutende Garnisonsstadt stammen. Eine Diskussion um den Umgang mit diesen Relikten der Vergangenheit soll nun entfesselt werden, droht nach dem Schildersturm gegen Straßenschilder nun ein Bildersturm gegen Monumente und Standbilder?

Die Linkspartei versteigt sich zu dem verrückten Vorschlag, umstrittene Monumente abzutragen und auf einem Denkmalfriedhof der Stadt endzulagern. Das dürfte bei dem Kriegerdenkmal am Mauritztor, das an die Gefallenen der Einigungskriege 1864 – 1871 erinnert, ein ziemlicher Kraftakt werden, denn es hat einen Umfang von 23 Metern. Seit 1909 steht es da: trutzig, klotzig, Stein gewordener Zeitgeist. Auf den Reliefs sind Krieger und trauernde Frauen zu sehen, wegen der vielen nackten Haut bekam das Heldengrab im Volksmund den Namen „Schinken-Denkmal“ verpasst. Das dramatische von Bernhard Frydag geschaffene Denkmal war aber durchaus ernst gemeint, als es mit einer nationalen Feier, mit Fahnen und Schellenbaum eingeweiht wurde. Oberbürgermeister Max Jungeblodt sah die Aufgabe dieses städtischen Denkmals darin, „den Helden, die für Deutschlands Ehre kämpften und starben, im edelsten Sinne nachzueifern.“ Von Deutschlands Ehre und Helden wird man heute in der Stadt des Westfälischen Friedens wohl nichts mehr wissen wollen. Trotzdem haben die Denkmäler ihre Existenzberechtigung, weil sie an frühere Kriege erinnern und das Geschichtsbewusstsein wachhalten. Ob nun alle Denkmäler mit erläuternden Hinweistafeln versehen werden müssen, sei dahingestellt, denn auch das Internet kann mittlerweile zur Erklärung einzelner Denkmäler viel beitragen.

Auf der alten Fotografie von der Einweihung mit Honoratioren, Pickelhauben und Verbindungsstudenten erkennt man, dass das Denkmal ursprünglich noch einen kleinen Aufbau auf seinem Dach hatte, der heute fehlt.  Foto: Stadtarchiv Münster

Münster: ein altes Kriegerdenkmal inmitten der Skulptur-Projekte 2017

Juni 26, 2017

Train-Denkmal

Kriegerdenkmäler, die an deutsche Gefallene des Ersten oder Zweiten Weltkrieges erinnern, haben in der Gegenwart keinen leichten Stand mehr: Die Toten, an die häufig namentlich erinnert wird, sind oft vergessen und linke Gruppierungen schänden die Denkmäler in ihrem Hass auf die Vorfahren mit Schmierereien. Historische Denkmäler lassen sich allgemein für die Nachwelt oft nur noch schwer erschließen, etwa wegen der altertümlichen Sprache, die sie verwenden. In Münsters Promenade steht noch das alte Train-Denkmal. Train (frz.) ist das alte Wort für die militärischen Nachschubtruppen. Das Denkmal wurde 1925 vom Traditionsverein des westfälischen Trainbataillons Nr. 7 errichtet und erinnert an die Gefallenen der Einheit im Ersten Weltkrieg. 1928 wurde seitlich noch Tafeln in den Boden eingelassen, die auch an zwei (!) Gefallene der Einheit im Kolonialkrieg 1904-1907 in Deutsch-Südwestafrika und einen (!) gefallenen Trainsoldaten bei der Niederschlagung des Boxeraufstands erinnern. Dies führte dazu, dass das Kriegerdenkmal zum Kolonialdenkmal umgedeutet wurde, obwohl es sonst keine kolonialen Bezüge enthält, und entsprechend seit den 1980er Jahren problematisiert wurde. Kam es in Südwest nicht zum Völkermord an den Herero und Nama?  Müsste es nicht mit Erklärtafeln versehen werden, die nicht an deutsche Opfer, sondern an die afrikanischen Opfer der Deutschen erinnern, oder sogar umgestaltet werden? Die Verwaltung der Stadt setzte lange

Lara Favaretto: Momentary Monument

Widerstand gegen solche Projekte entgegen und verwies darauf, dass das Train-Denkmal eine historische Quelle sei, die sich unverändert dem Urteil der Geschichte stellen müsse. Auch verwahrte sich die Bundesregierung noch bis 2015 gegen die Einordnung der Kriegsgreuel in Südwestafrika (heute Namibia) als Völkermord. Schon 2010 war aber ein Antrag der SPD in Münster erfolgreich, das Train-Denkmal mit einer erläuternden Hinweistafel zu versehen, die daran erinnert, dass „viele Hererofamilien in die Wüste gezwungen wurden, wo sie elend zu Grund gingen“. Das Wort „Völkermord“ wurde also vermieden. „Wir gedenken auch der zehntausenden Toten der unterdrückten Völker“, heißt es weiter. Das „auch“ hat ein Schmierfink, der der gefallenen deutschen Soldaten nicht mehr gedenken will,  mit Bedacht durchgestrichen und ein „heute“ darüber gesetzt.

Im Rahmen der laufenden Skulptur-Projekte 2017 setzte die Künstlerin Lara Favaretto ihr Kunstwerk „Momentary Monument – The Stone“ als Replik auf das Train-Denkmal am Ludgerikreisel. Es soll als eine Art Spardose für Menschen in Abschiebehaft verstanden werden, der Stein enthält einen entsprechenden Schlitz zum Einwerfen von Geld. Nach dem Ende der Skulptur-Projekte wird „The Stone“ jedoch wieder abgetragen, sodass dem Groll und den Schuldgefühlen(?) der Train-Denkmal-Gegner nicht dauerhaft entsprochen wird. Schon abgeräumt wurde die Kunst-Guerilla-Aktion „Proud America“ von Christian Nachtigäller, der zu Beginn der Skulptur-Projekte das Train-Denkmal mit einem Lattengerüst und einem Fass in den Nationalfarben der USA ergänzte, die offenbar nach Lesart des Künstlers die koloniale Tradition des Westens fortführen. Es bleibt offen, ob dem Train-Denkmal weitere „Umgestaltungen“ und „Ergänzungen“ drohen oder es seinen Frieden als vergessenes historisches Relikt wieder finden darf.

Weiterführende Links:

Eine vollständige Dokumentation des Kriegerdenkmals findet sich hier.

Wortwörtlich steht auf den Bodentafeln: „Es starben den Heldentod für Kaiser und Reich“. Dies erregt heute die Gemüter als Ausdruck übertriebener Heldenverehrung, bedeutet aber lediglich, sie sind „gefallen“ im Sinne von „im Kampf gestorben“.

Ein Beitrag für Radio Q hat 2015 die Kontroverse um das Train-Denkmal umfassend dargestellt.

Deutschland, das Land der nach links verschobenen Mitte

September 14, 2015

Gibt es wirklich einen politischen Rechtsruck in Deutschland, wie neuerdings verschiedene Stimmen behaupten? (Siehe auch letzter Beitrag.) Es spricht viel mehr für einen Linksruck.

Die Rechte ist natürlich sehr aktiv, aber es gibt auch viel im Land, worüber sich nationale, konservative oder libertäre Rechte aufregen können. Aufnahme unabsehbarer, freudig begrüßter Flüchtlingsströme, Energiewende, Kita-Ausbau, Abschaffung der Studiengebühren, Aussetzung der Wehrpflicht, Gender-Mainstreaming, Frauenquote, Mindestlohn, Mietpreisbremse, Rettungspolitik für EU-Pleiteländer, das sind alles linke Projekte, die vorangetrieben werden, soviel „internationale Solidarität“ war nie.
Die CDU ist nach verbreiteter Meinung nach links gerückt. In den Großstädten sind trotzdem reihenweise die CDU-Bürgermeister aus dem Akt gejagt worden. Im Bund regiert die SPD statt der FDP mit, die in der Bedeutungslosigkeit verschwunden ist. Es gibt nur noch ein Land, wo Linke, SPD und Grüne nicht mitregieren: Bayern. Auch im Bund könnten diese drei Parteien zusammen regieren, die  Mehrheit im Bundestag haben sie schon.

In diesen beiden Grafiken kann der krasse Linksruck in den Länderregierungen im vergangenen halben Jahrzehnt nachvollzogen werden:

Zusammensetzung des Bundesrats 2010.

Zusammensetzung des Bundesrats 2015.

Nicht nur auf Regierungsebene, auch in der Bevölkerung lässt sich ein Linksruck nachvollziehen:

„Die Entwicklung der absoluten Zahlen scheint der Vorstellung Recht zu geben, dass die Bevölkerung der Bundesrepublik sich in ihren politischen Ansichten langsam aber beharrlich nach links verschiebt, sodass politische Mehrheiten für die bürgerlichen Parteien eben nur dadurch gewonnen werden können, im gemäßigten linken Spektrum angesiedelte Inhalte in die eigene Programmatik zu integrieren. Daraus resultiert die Problematik, als immer noch gedachte Volkspartei [gemeint ist: die CDU] das eigene inhaltliche Spektrum kontinuierlich nach links erweitern zu müssen, gleichzeitig jedoch die konservative Klientel durch Bedienung deren Interessen bei der Partei zu halten. Trotz oder aufgrund dieses Versuchs scheinen die Bürgerlichen von Wahl zu Wahl mehr Wähler an die Nichtwählerschaft zu verlieren.“ (Tomas Spahn: Für eine Neuordnung der Politik des Bürgertums Berlin 2013, S.10)

Die regional begrenzte CSU hat noch konservatives Profil, scheitert jedoch mit allen Vorstößen auf Bundesebene. Die rechtskonservative AfD ist die Reaktion auf den Linksruck der CDU und die Verwässerung liberaler Prinzipien durch die FDP. In Sachsen hat sie die NPD und die FDP verdrängt, sich selbst aber schon wieder gespalten. Es sind also eher Neuaufstellungen auf der Rechten im Gange. Wahlerfolge von Rechtsparteien gab es schon früher (REP, DVU und NPD), die Wahlerfolge der AfD halten sich im Rahmen.

Das gilt allerdings auch für die Erfolge der teils radikalen Linkspartei. Eine Links-Rechts-Polarisierung, wie sie hier für Europa behauptet wird, hat sich in Deutschland noch nicht bundesweit durchgesetzt.

Nach wie vor kreist in Deutschland alles um eine nach links verschobene Mitte.

Spaßbad statt Badeanstalt: Münster steht vor der Neuordnung seiner Bäderlandschaft und ehemaliger Kasernengelände

Mai 17, 2014

In Münster tobt eine Debatte um die Neuordnung der Bäderlandschaft. Die SPD machte einen Vorstoß, im expandierenden Stadtteil Gievenbeck für Münster endlich ein großes Freizeitbad zu errichten, was in der Debatte bald abschätzig „Spaßbad“ genannt wurde. Der Elder Statesman der Münsteraner CDU, Ruprecht Polenz, spottete sogar, die SPD profiliere sich als Partei für „Brot und Spiele“.  Dieser scheinbare Puritanismus ist vor dem Hintergrund der Verschuldung Münsters zu sehen, da Bäder immer Zuschussbetriebe sind.

Ein Besuch des SPD-Ortsvereins West  im Nettebad der Nachbarstadt Osnabrück machte aber deutlich,  dass Münster mit seinen kleinen Hallenbädern dem Trend in anderen Kommunen deutlich hinterherhinkt, der auch unter ökonomischen Gesichtspunkten zur Konzentration auf weniger Bäder führt, die dafür mehr Erlebnischarakter haben und anspruchsvoller ausgestattet sind. Klassische Bäder im Sinne von Badeanstalten haben überall an Attraktivität verloren, berichtete der Osnabrücker Bäder-Chef Wolfgang Hermle der Besuchergruppe aus  Münster. Aber auch Erlebnisbäder, die heute immer auch Gelegenheit zum Sportschwimmen bieten, müssten von Zeit zu Zeit bei steigenden Kosten „attraktiviert“ werden, um nicht wieder Besucherrückgänge zu verzeichnen, räumte Hermle ein, dessen Stolz im Nettebad die Sloop-Rutsche ist, die das Erlebnis freien Falls bietet.

Freizeitbad

Freizeitbereich mit Rutsche im Nettebad

Zu einem Erlebnisbad gehört auch ein großes Sportbecken.

Zu einem Erlebnisbad gehört auch ein großes Sportbecken.

Vorab erkundigten sich Münsteraner Besucher auch über die Osnabrücker Erfahrungen mit der Konversion von Kasernengeländen, denn in Gievenbeck sind erst im vergangenen die Briten aus der Oxford-Kaserne abgezogen.  Der Projektleiter Konversion beim Planungsamt Thomas Rolf führte über das Gelände der ehemaligen Scharnhorstgelände, deren Mannschaftsunterkünfte weitgehend dem Erdboden gleichgemacht wurden. Neben Raum zum Wohnen setzt Osnabrück auf einen Wissenschafts- und Technologiepark: Die Stadt will es hier nicht billig, sondern gehoben haben, um junge Menschen nach dem Studium in der Provinz zu halten. In der Winkelhausenkaserne hingegen ist Polizei eingezogen. Ein Kaffeeautomatenproduzent hat auf dem Gelände am Hafen ein schwungvolles Firmenhaus hochgezogen. Rolf warnte vor Altlasten in Kasernengeländen und Infrastruktur, die unter den Jahrzehnten der britischen Nutzung dort oft stark gelitten habe.

Thomas Rolf erläutert die Konversion der Scharnhorstkaserne. Beate Kretzschmar, SPD Münster-West,  und interessierte Bürger hören zu.

Thomas Rolf erläutert die Konversion der Scharnhorstkaserne. Beate Kretzschmar, SPD Münster-West, und interessierte Bürger hören zu.

Dieses Firmenzentrale auf dem Kasernengelände  erheilt 2013 einen Architekturpreis.

Diese Firmenzentrale auf dem Kasernengelände erhielt 2013 einen Architekturpreis.

Sitzenbleiben muss bleiben

Februar 19, 2013

Zu der aktuellen Diskussion über die Abschaffung des Sitzenbleibens erklärte der Landesvorsitzende der Jungen Liberalen in NRW, Henning Höne:

„Natürlich ist individuelle Förderung in einzelnen Fächern immer sinnvoller als sofort mit dem harten Instrument des Sitzenbleibens zu arbeiten. Es darf aber nicht politisches Ziel sein, Schülern zu signalisieren, dass sie sich nicht anstrengen müssen, da sie sowieso durch ihre Schullaufbahn kommen werden. Wir Jungen Liberalen setzen uns für individuelle Förderung und Leistungsdifferenzierung ein, dazu gehört in schwierigen Fällen auch das Sitzenbleiben oder der Schulwechsel.

Es ist menschlicher einen Jugendlichen rechtzeitig auf seine Probleme hinzuweisen und ihm die Chance zu geben diese aufzuarbeiten, als die Probleme durch die ganze Schulzeit zu schleppen. Diese Probleme werden Schüler spätestens bei den Abschlussklausuren einholen.

SPD und Grüne zeigen in der Diskussion wieder einmal ihr völlig idealisiertes Bild von Schule. Wir brauchen bessere Qualität in einem Unterricht, der fördert aber eben auch fordert.“