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Should Germany Get the Bomb?

Februar 27, 2024

Deutschland gilt als das Land der Atomkraftgegner und hat mit Abschaltung der letzten Atomkraftwerke den Ausstieg beendet. Im starken Kontrast dazu bewirkt jedoch der Großangriff Russlands auf die Ukraine und die kaum verhohlene Drohung Putins mit einem Atomschlag und dazu die Energiekrise eine Veränderung der Stimmungslage bzgl. Atomkraftwerken und Kernwaffen: Drei Viertel der Befragten sind mittlerweile nach Umfragen für eine Überprüfung des Atomausstiegs. War 2021 noch eine Mehrheit von 57 Prozent für den Abzug der in Deutschland stationierten amerikanischen Atomwaffen, war 2022 nun eine Mehrheit von 52 Prozent für deren Verbleib. Auch in der Ampel-Koalition gab es ein Umdenken.

In deutscher Politik, Medien und Sicherheitskreisen werden seit 2022 wieder Stimmen laut, die die Schaffung europäischer Atomstreitkräfte durch Zusammengehen mit Frankreich oder gar deutscher Atomstreitkräfte fordern oder thematisieren. Jüngst haben im Februar 2024 die Katarina Barley (SPD) und Christian Lindner (FDP) die Frage europäischer Atomstreitkräfte erneut aufs Tapet gebracht.
Hintergrund sind auch Verunsicherungen über die Verlässlichkeit der nuklearen Beistandsgarantie und des NATO-Verbleibs der USA, die zuletzt seit dem Hochkommen Donald Trumps aufgetreten sind und insbesondere im Hinblick, auf dessen befürchtete Wiederwahl 2024 fortbestehen, immerhin stand Trump 2018 als Präsident schon kurz davor, aus der NATO auszutreten.

Da eine Debatte mit prominenter und umfassender Beteiligung keine Nischendiskussion mehr ist, bin ich in einer wissenschaftlichen Arbeit der Frage nachgegangen und habe zu verklären versucht, was für und was gegen eine atomare Bewaffnung Deutschlands oder eine europäische Atomstreitmacht unter Beteiligung Deutschlands im Zusammengehen mit Frankreich spricht. Die immer noch aktuelle Seminararbeit aus dem Jahr 2022 ist jetzt im GRIN-Verlag unter dem Titel „Deutsche und europäische Atomstreitkräfte aus neorealistischer und historischer Perspektive“ erschienen.

Nach einer Klärung der Grundannahmen des Neorealismus nach Kenneth N. Waltz, der zur theoretischen Grundlage der vorliegenden Arbeit gemacht wird, wird zunächst untersucht, was Waltz, der sich intensiv zu Fragen atomarer Rüstung Gedanken gemacht hat, zu Perspektiven für Proliferation und für deutsche oder deutsch-französische Atomstreitkräfte (vorher-)gesagt hat. Die Geschichte wird dann auch anhand weiterer Quellen befragt: Welche Wurzeln und Vorläufer hat die aktuelle Debatte in der bundesdeutschen Geschichte? Warum hat Deutschland nie Atomstreitkräfte aufgebaut oder Alternativen zum atomaren Schutzschirm der USA in Form der Beteiligung an französischen oder europäischen Atomstreitkräften verwirklicht?

Atombombentest mit dem Codenamen „Castle Romeo“ auf dem Bikini-Atoll, 1954. Foto: NNSA

English version:

Germany is considered the land of nuclear opponents and has completed its exit with the shutdown of the last nuclear power plants. However, in stark contrast, Russia’s major attack on Ukraine and Putin’s barely veiled threat of a nuclear strike, along with the energy crisis, have caused a shift in attitudes towards nuclear power plants and nuclear weapons: Three-quarters of respondents are now in favor of reviewing the nuclear phase-out, according to surveys. While in 2021, a majority of 57 percent supported the withdrawal of American nuclear weapons stationed in Germany, by 2022, a majority of 52 percent favored their retention. Even within the Ampel Coalition, there has been a reconsideration.

Since 2022, voices have emerged again in German politics, media, and security circles advocating or discussing the creation of European nuclear forces through cooperation with France or even German nuclear forces. Recently, in February 2024, Katarina Barley (SPD) and Christian Lindner (FDP) once again brought up the issue of European nuclear forces.

This is also fueled by uncertainties about the reliability of the nuclear assistance guarantee and the USA’s NATO membership, which have arisen since the rise of Donald Trump, and particularly in light of his feared reelection in 2024. After all, Trump came close to withdrawing from NATO during his presidency in 2018.

As a debate with prominent and comprehensive participation is no longer a niche discussion, I have addressed the question in a scholarly work, examining the arguments for and against Germany’s nuclear armament or a European nuclear force involving Germany in cooperation with France. The still relevant seminar paper from 2022 has now been published by GRIN Verlag under the title „German and European Nuclear Forces from a Neorealist and Historical Perspective.“

After clarifying the basic assumptions of Neorealism according to Kenneth N. Waltz, which serves as the theoretical foundation of this work, it is first examined what Waltz, who has extensively considered issues of nuclear armament, has (previously) said about perspectives for proliferation and for German or German-French nuclear forces. History is then also explored through other sources: What are the roots and precursors of the current debate in German history? Why has Germany never built nuclear forces or realized alternatives to the nuclear umbrella of the USA in the form of participation in French or European nuclear forces?

Nationale Identität bei Fukuyama und deutschen Parteien

Januar 31, 2024

In der Seminardiskussion während meines Studiums an der WWU Münster im Sommersemester 2020 wurde deutlich, dass der von Francis Fukuyama in seinem Buch „Identity“ von 2018 entwickelte Fokus auf die Identitätspolitik als Schlüssel zum Verständnis unserer politischen Gegenwart wenig Bedeutung für Europa beigemessen und mehr als US-amerikanisches Konfliktfeld gesehen wurde.

Jedoch ist aufgrund von Einwanderung und eines zunehmenden Anteils an der Bevölkerung von Menschen mit Migrationsvorgeschichte von zunehmender Diversität und identitätspolitischen Konflikten auch in Deutschland und Europa auszugehen. Die Auseinandersetzungen, die damals der Tötung des Afroamerikaners George Floyd in Minneapolis durch einen weißen Polizeibeamten nachfolgten, beschränken sich nicht auf Amerika, sondern führten auch in Deutschland zu Kontroversen um Rassismus, nationale Denkmäler und Straßennamen, also um identitätsbezogene Themen.

Meine Arbeit, die nun beim GRIN Verlag veröffentlicht wurde, will anhand eines Einzelaspekts der Frage nachgehen, inwieweit sich die Vorstellungen des Buchs „Identity“ von Francis Fukuyama auch in Deutschland wiederfinden. Im Rahmen einer Hausarbeit lässt sich nicht die gesamte Gedankenwelt Fukuyamas auf die deutsche Gesamtsituation abgleichen. Daher wird untersucht, inwieweit sich Entsprechungen zu Fukuyamas Konzept einer nationalen Identität als Voraussetzung einer liberalen Demokratie und moderner Staatlichkeit in den Parteiprogrammen deutscher Bundestagsparteien finden. Welche Antwort geben die deutschen Parteien programmatisch angesichts von gesellschaftlichen Fliehkräften und politischer Polarisierung auf die Frage, welche Identität die deutsche Gesellschaft eigentlich hat und was sie zusammenhält?

Beim Abgleich mit den Positionen Fukuyamas lässt sich festhalten, dass erwartungsgemäß die konservativen und rechten Parteien CDU, CSU und AfD großen Wert auf die umfassende Pflege einer nationalen Identität legen, während die liberalen und linken Parteien FDP, Bündnis90/Die Grünen, SPD und die Linke sich nur wenig und fragmentarisch Gedanken über nationale Identität machen. Fukuyamas US-amerikanisch geprägte Position liegt aber insofern quer zur Programmatik deutscher Parteien, als sich die Forderung nach alleiniger Zuweisung von Staatsbürgerschaft nach dem ius soli, also der Geburt auf dem Territorium eines Landes, bei keiner deutschen Partei findet und so die liberalen und linken Parteien mit ihrer Forderung nach größerer Offenheit und niedrigeren Schwellen für Einbürgerungen von Einwanderern Fukuyama eher entgegenkommen als die konservativen und rechten.

Über die Erfindung und Reproduktion des Ostens

Juli 19, 2023

„Der Osten: Eine westdeutsche Erfindung“ ist ein lesenswertes Buch über die Konstruktion, Verächtlichmachung, Ausbootung und Benachteiligung Ostdeutscher und Ostdeutschlands über 30 Jahre nach der Wiedervereinigung, geschrieben von Prof. Dirk Oschmann, Leipzig, seines Zeichens einer der seltenen Lehrstuhlinhaber ostdeutscher Provenienz. Nicht im Gestus des Jammer-Ossis geschrieben, sondern als wütende Anklage.
Was nicht verwundert, sind Ostdeutsche doch mit höchst verächtlichen und pauschalisierenden Aussagen westdeutscher Politiker über sie konfrontiert. Armin Laschet meinte etwa 2016, die DDR habe „die Köpfe der Menschen zerstört. […] Ganze Landstriche haben nicht gelernt, Respekt vor anderen Menschen zu haben.“ Eine Aussage, deren Absurdität man erst einmal sacken lassen muss. „Der Westen definiert sich als Norm und und den Osten als Abweichung […] Medien, Politik und Wirtschaft werden von westdeutschen Perspektiven dominiert“, wie im Klappentext Oschmanns Konzept des „Otherings“ dem die Ostdeutschen von westdeutscher Seite ausgesetzt sind, umrissen wird.

Unbestreitbar bleiben Ostdeutsche bei der Besetzung von Führungspositionen in Deutschland weitgehend außen vor, auch in Ostdeutschland selbst. Ostdeutschland, einst hoffnungsvoll als „neue Bundesländer“ betitelt, ist insofern tatsächlich eine westdeutsche Kolonie mit innerdeutscher gläserner Decke. Nur in der Politik sind Ostdeutsche mit ihrem Bevölkerungsanteil von 19 Prozent nicht unterrepräsentiert. Ihr Anteil an Führungspositionen im Militär hingegen: 0 Prozent, Wissenschaft: 1,5 Prozent, Justiz: 2-4 Prozent, Firmenvorstände in der Wirtschaft: 1 Prozent. Das Wohneigentum in Ostdeutschland befindet sich zum großen Teil in westdeutscher Hand. Der Lohnunterschied zu Westdeutschland beträgt 20 Prozent.
Was Oschmann allerdings übersieht, ist, dass Westdeutsche manchmal ostdeutsche Wurzeln haben, insbesondere auch solche, die als vielleicht nicht immer erkannte „Rückkehrer“ in Ostdeutschland reüssieren. Vielleicht hat Oschmann aber recht, dass es auf den Überlegenheitsdünkel durch die Sozialisation in der Westzone ankommt, nicht auf die Vorfahren. Oschmanns Vorschlag, die Löhne durch den Staat an westdeutsches Niveau anzupassen, mag aus liberaler Sicht nicht gefallen. Praktikabel hingegen erscheint, mehr Bundesbehörden und Forschungseinrichtungen in Ostdeutschland anzusiedeln. Am zielführendsten wären besondere Karriereförderungsprogramme für Ostdeutsche in Unternehmen und Organisationen. Ein erster Schritt für Westdeutsche wäre sicher, die Vorurteile gegen Ostdeutschland zu überdenken, mal wenigstes Urlaub dort zu machen, und die Hetze in den Medien gegen Ostdeutschland zu mäßigen. Doch hat all‘ das wirklich Aussicht auf Erfolg?

Das ausgebreitete Szenario, wie sich der deutsche Ost-West-Gegensatz bis heute immer wieder reproduziert und fortzusetzen scheint, ist bestürzend. Ost- und Westdeutsche sind reine Kunstprodukte der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs ohne jegliche historische Vorläufer, das heutige Ostdeutschland war früher Mitteldeutschland, bestimmend für das alte Reich war der Nord-Süd-Gegensatz, insbesondere der Gegensatz von Preußen und den kleineren süddeutschen Staaten, und der Gegensatz von Katholizismus und Protestantismus. All diese Gegensätze wurden in der Ost- und Westzone jeweils zusammengebündelt und ideologisch unterschiedlicher Umerziehung ausgesetzt, was mit der Verankerung der jeweiligen anderen Zone als Feindbild und der USA und Sowjetrusslands als großer Bruder einherging. Dementsprechend gelten im vom Sieg des Westens geprägten Gesamtdeutschland in der „Ostzone“ Sozialisierte als nicht recht vertrauenswürdig, was sich, wie Oschmann beschreibt, in Statements von Politikern, aber auch bei der Besetzung von Führungspositionen beobachten lässt. Mit dem Erstarken der AfD besonders in Ostdeutschland wird alles noch schlimmer. AfD-Mitglieder als politisch Unzuverlässige sollen keine Anstellung mehr beim Staat finden, wird angedroht, das würde Ostdeutschland zwar nicht ausschließlich wie im Denken des „Othering“, aber besonders hart treffen und westlich-koloniale Strukturen verfestigen.

Sozialwissenschaftlich lässt sich die Perpetuierung des Ost-West-Gegensatz womöglich mit Pfadabhängigkeiten erklären. Wo einmal ein bestimmter Weg beschritten wurde, gibt es oft keinen Ausweg mehr…

Lektüreempfehlung: Oschmann, Dirk: Der Osten: eine westdeutsche Erfindung. Berlin: Ullstein 2023.

Die „Tanne“ in Jena, Gründungsort der Urburschenschaft und damit ein wichtiger Geschichtsort der deutschen Einigungsbewegung.

Ziemlich beste Freunde zoffen sich

Juni 25, 2023
V.l.: Prof. Klaus Josef Lutz, Caro Matzko, Prof’in Gabi Dreo, Wolfgang Heubisch, Prof’in Eugénia da Conceição-Heldt, Prof. Stephan Bierling. Foto: Team Heubisch.

Der Vizepräsident des bayerischen Landtags, Dr. Wolfgang Heubisch (FDP) hatte zu einer hochkarätigen Podiumsdiskussion in den Senatssaal des Maximilianeums geladen, die sich überaus kontrovers entwickelte – bezeichnenderweise unter der etwas erratischen und vieldeutigen Überschrift „Ziemlich beste Freunde“, unter der der Ukrainekrieg, die „Zeitenwende“ und das Verhältnis Deutschlands zu den USA und China beleuchtet werden sollten. Unterschiedliche Sichtweisen von Politikwissenschaft und Wirtschaft prallten aufeinander, begleitet von einem Nebengefecht zwischen Moderatorin Caro Matzko und Professor Klaus Josef Lutz (IHK) um Feminismus.

Der erste Kontroverse entspann sich zwischen Politikwissenschaftler Stephan Bierling und Lutz um die Bewertung des vermeintlichen Umsturzversuchs das Söldnerführers Jewgeni Prigoschin. Lutz meldete Zweifel an, dass nach einem Sturz Putins „ein Netterer“ an die Macht käme, „es kann noch schlimmer kommen“, so seine Befürchtung. Ziel Prigoschins sei aber gar nicht Putin gewesen, sondern die zweite Ebene, die als unfähig betrachtete Generalität. Bierling hingegen meinte, Putin sei schon das Schlimmste, was dem Westen passieren konnte. Instabilität in Russland sei daher positiv zu sehen. Wenn Putin die Kontrolle über Teile seiner Armee verliere, sei das gut für die Offensive der Ukraine.

Professorin Gabi Dreo (Universität der Bundeswehr) stellte bei Ihrer Analyse in den Vordergrund, dass unsere Gegenwart von starker Dynamik geprägt sei, die schnelles Handeln verlange. Die Covid-Pandemie habe wenigstens die Digitalisierung vorangebracht. Interessantes Fachwissen konnte sie hinsichtlich der enormen Zahl von Cyberangriffen beisteuern, die etwa Länder wie Taiwan, aber auch viele Unternehmen ausgesetzt sind. Politikwissenschaftlerin Eugénia da Conceição-Heldt wollte die gegenwärtige Lage nicht wie viele andere als „Krise“ oder „Polykrise“ benennen, sondern als „Disruption“. Die „Zeitenwende“ bedeute, dass Deutschland mehr Verantwortung übernehmen und durch eine nationale Sicherheitsstrategie resilienter und nachhaltiger werden solle.

Bierling sieht die Liberale Internationale Ordnung (LIO) unter Beschuss, durch Russland im wahrsten Sinne des Wortes, und eher im ökonomischen Sinne durch China. Die USA führten einen Abwehrkampf, um die LIO zu beschützen. Dem widersprach da Conceição-Heldt: China sei nicht an der Zerstörung der LIO interessiert, weil es auf Stabilität angewiesen sei. Die USA versuchten, den Aufstieg China aufzuhalten. Europa müsse in dieser Situation vermeiden, zwischen die Fronten zu geraten. Das wollte wiederum Bierling nicht so stehenlassen. Äquidistanz zu den USA und China sei fatal, man müsse sich an den USA orientieren. China würde uns bei einer Annäherung zu sehr dominieren, wie man etwa schon im Umgang mit dem Dalai Lama sehe. China verstehe nur „die Sprache der Macht und des klaren Worts“. Daher gefallen Bierling die Auftritte von Außenministerin Annalena Baerbock gegenüber den Chinesen sehr gut.
Das stand klar im Widerspruch zur Position der Wirtschaft, die von Lutz vertreten wurde. Dieser wies auf die enormen wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisse, die mittlerweile gegenüber China bestünden, hin. Er forderte in der allgemein kritischen Situation „Leadership“ von der politischen Führung ein, aber diplomatischeres Verhalten von Baerbock, die die Chinesen mit „feministischer Außenpolitik“ nerve.
Dies interpretierte Moderatorin Matzko scharf missbilligend als Angriff auf den Feminismus überhaupt, wobei sie anscheinend nicht wusste, dass Baerbock ihre Außenpolitik selbst als feministisch bezeichnet. Bierling machte gegenüber Lutz geltend, dass die Führung in der Politik auch die Wirtschaft in Schach halten müsse, die uns in all diese verhängnisvollen Abhängigkeiten gebracht habe.

Man sieht, die Diskussion war von starken Kontroversen geprägt, die auch nicht aufgelöst werden konnten, und die man bei einem Aufeinandertreffen von Professorinnen und Professoren so nicht erwartet hätte. Sie spiegelt letztlich den Richtungsstreit, der sich in Deutschland angesichts einer sich rapide wandelnden Weltlage entwickelt hat, die immer wieder hochdramatisch wird.

Deutscher Journalismus – eine einzige Katastrophe

April 25, 2021

Deutscher Journalismus ist schon jenseits seiner Darreichungsform inhaltlich eine einzige Katastrophe, sich allerdings aus drei Katastrophen zusammensetzt, die den erwartbaren Inhalt der Medienberichterstattung aller Sparten und Kanäle jeden Tags als eine Art Katastrophenkontinuum über die Zeit bilden.

1.      Die Katastrophe der Vergangenheit. Diese besteht im Holocaust, Nationalsozialismus und 2. Weltkrieg, in dieser Reihenfolge. Martin Walser hat ihre tägliche Abhandlung in den Medien aus der Perspektive des Nationalstolzes die „Dauerpräsentation der Schande“ genannt. Aber auch Menschen ohne patriotische Ader muss diese tägliche Präsentation des Horrors arg zusetzen bis sie irgendwann zur Abstumpfung führt. Junge Menschen erhalten so ein verzerrtes Geschichtsbild vermittelt, in dem das 20. Jahrhundert nur aus Krieg, Gewalt und Niedergang zu bestehen scheint, wobei als Schuldige hierfür die Deutschen zu benennen sind.

2.      Die Katastrophe der Gegenwart: Diese besteht im Auftritt eines mutierten Coronavirus, auch Coronakrise oder Coronapandemie genannt. Seitenlang wird diese Pandemie und ihre Bekämpfung in allen Facetten und Details ausgebreitet. Es gibt keine anderen Probleme in der Gegenwart, aber auch nichts, worüber man sich freuen oder was Anlass zur Hoffnung bietet, denn das würde dem Ernst der Lage nicht gerecht. Schuldfrage ist noch ungeklärt, wird aber sicher zeitnah medial vermittelt werden.

3.      Die Katastrophe der Zukunft: Diese besteht im Klimawandel, der jetzt schon beobachtbar sei und in der Zukunft katastrophale Folgen haben werde. Schuld am Klimawandel sei der Mensch, weil er im 18. Jahrhundert den klimatisch kuschelig kalten Naturzustand verlassen und die Industrialisierung begonnen habe. Der Klimawandel lasse sich aber durch eine staatlich gesteuerte sozial-ökologische Transformation der Gesellschaft aufhalten, die man am besten anschieben kann, indem man die Grünen wählt, mit denen auch die Mehrheit der deutschen Journalisten sympathisiert.

Gebildeten und intelligenten Menschen wird mit diesen drei Medieninhalten prinzipiell nichts Neues erzählt, sie wissen, dass es in der Vergangenheit den Holocaust gab, es in der Gegenwart eine Coronapandemie gibt, und dass in der Zukunft der Klimawandel schlimme Folgen zeitigen soll. Sie realisieren vielmehr, dass sie für latente unberechenbare Antisemiten gehalten werden, die täglich vor einer Wiederholung des Holocaust abgehalten werden müssen, indem sie an diesen erinnert werden, ferner für unbedachte Trottel, denen die Kulturtechnik des Händewaschens unbekannt ist und die stets eine virale Bedrohung für ihre Mitmenschen darstellen, last but not least für rücksichtslose Ausstoßer von CO2, denen das Verharren in einer freien Marktgesellschaft nicht zugemutet werden kann, in der sie selbst darüber entscheiden, welche Ziele sie haben und welche Risiken sei eingehen, kurzum welchen Gebrauch sie von ihrer Vernunft und ihrer Freiheit machen. Gebildete und intelligente Menschen erkennen auch, dass in den deutschen Medien die berüchtigte deutsche Angst geschürt und bewirtschaftet werden soll, Angst vor der Vergangenheit und ihrer Wiederkehr, Angst vor der Gegenwart und Angst vor der Zukunft. Angst aber macht unfrei.

Gebildete und intelligente Menschen sind also anscheinend nicht die Zielgruppe deutscher Massenmedien, sondern dumme und ungebildete Menschen, mit einem Gedächtnis, das gerade mal von einem Tag auf den andern reicht und dem immer neu auf die Sprünge geholfen werden muss, dass es gestern den Holocaust, heute die Pandemie, morgen die Klimakatastrophe gab, gibt und geben wird. Immer mehr meiden dementsprechend schon lange das deutsche Fernsehen, flüchten aus dem Radio, deabonnieren ihre Zeitungen, wechseln evtl. auf „alternative Medien“, unpolitische Zeitschriften wie die „Landlust“, deutschsprachige Medien aus dem Ausland wie die „NZZ“ oder englischsprachige Qualitätsblätter wie den „Economist“. Wer freiheitsliebend und leistungsfähig ist, wandert womöglich ganz aus der von Ängsten, Katastrophismus und Traumata beherrschten Massengesellschaft aus, die Deutschland beherbergt. Aber Vorsicht, deutsche Medien, dieses täglich grüßende Murmeltier des Grauens, sind durch das Internet heute überall erreichbar, und auch ausländische Medien können vom Katastrophen-Bias, wenn auch nicht unbedingt in dieser Ausprägung, gekennzeichnet sein.

Warnung vor dem „politischen Islam“

Oktober 7, 2020
Cover des aktuellen Buchs von Susanne Schröter/ Gütersloher Verlagshaus.

Die Frankfurter Ethnologin Prof. Susanne Schröter warnte bei einer Buchvorstellung mit der Friedrich-Naumann-Stiftung in Münster davor, dass Gesellschaften, die unter den Einfluss des politischen Islam geraten, „kippen“ können. Entscheidend sei für die Zukunft, welche Spielart des Islam die Oberhand gewinne.

Mit Blick auf Frankreich hielt Schröter befriedigt fest, dass sich ein kritischerer Umgang mit dem politischen Islam durchsetze, nachdem viele Probleme lange Zeit beschwiegen worden seien. Präsident Emmanuel Macron habe vor dem Hintergrund des Charlie-Hebdo-Prozesse und weiterer islamistischer Anschläge konkrete Maßnahmen angekündigt. Seit der Jahrtausendwende werde Frankreich von Anschlägen muslimischer Täter heimgesucht, die sich auch gegen Juden richteten. 150 islamistisch dominierte Territorien in Frankreich stünden außerhalb der Kontrolle des Staates. „Es wurde lange versäumt das Ruder konsequent herumzureißen.“ Stattdessen habe man sich mit „Symbolpolitik“ begnügt.

Unter „politischem Islam“ versteht Schröter eine Spielart des Islam, die aufbauend auf einer fundamentalistischen Theologie, d.h. fundamentalistischer Interpretation von Koran und Sunna, sich  die Geselllschaft politisch unterwerfen wolle, sei es mit Gewalt, sei es legalistisch-demokratisch. Der Prophet Mohammed werde, so wie er in einer arabischen Stammesgesellschaft des 7. Jahrhunderts gelebt habe, als ultimatives Vorbild hingestellt, was in der Konsequenz nicht mit Demokratie und Menschenrechten vereinbar sei. Keinesfalls sei sie aber „dem“ sehr heterogenen Islam als Ganzes feindlich gegenüber eingestellt.

Schröter hat sich in der Vergangenheit intensiv mit den kippenden Verhältnissen in Indonesien auseinandergesetzt. Dort habe man beobachten können, wie die Fundamentalisten zunächst liberal anmutend forderten, dass Mädchen in den Schulen auch ein Kopfttuch tragen dürften, dann jedoch immer weitergehende Forderungen stellten, mit der Konsequenz immer restriktiverer Rahmenbedingungen für Frauen. Mittlerweile wurde sogar der christliche Bürgermeister von Jakarta wegen Blasphemie ins Gefängnis geworfen, weil er als Ungläubiger gewagt hatte, den Koran zu interpretieren, so Schröter.

In Deutschland gebe es auch schon die ersten Probleme, wenn auch zeitlich und dramatisch dem Wandel in Frankreich nachhinkend, Schröter spricht von einem „Stresstest“: Religiöses Mobbing an Schulen, Konflikte im Biologieunterricht, Anschläge, subkulturelle Strukturen, die sich um Gebetsräume entwickelten. Es dominiere aber im Gegensatz zu Frankreich noch die Haltung, nicht über den politischen Islam zu sprechen, weil das der politischen Rechten in die Hände spielen könne. Extremistische Muslime würden in Schutz genommen, weil sie doch muslimfeindlicher Diskriminierungserfahrung in einer christlichen Mehrheitsgesellschaft ausgesetzt seien. In diesem Zusammenhang wies Schröter allerdings darauf hin, dass wir es aber mit einer weltweiten Bewegung zu tun hätten, die auch in Ländern erstarke, in denen Muslime in deutlicher Mehrheit seien. Die (wirklichen) Ursachen des erstarkenden Islamismus würden leider nicht erforscht, stattdessen viel Forschungsgelder für die Ergründung von„antimuslimischem Rassismus“, dessen auch sie fortlaufend bezichtigt werde, ausgegeben.

Schröter erregte vergangenes Jahr bundesweit Aufmerksamkeit, weil sie eine Konferenz zum Kopftuch im Islam organisierte und von Gegnern der Veranstaltung gar ihre Entlassung als Professorin gefordert wurde.

Schröter, Susanne: Politischer Islam – Stresstest für Deutschland, 384 Seiten, 25 Euro, Gütersloher Verlagshaus 2019.

Coronatests in Münster nach wie vor nur für eingeschränkten Personenkreis

März 19, 2020

Münster (SMS) Im Einzugsgebiet der Stadt Münster kann in mehreren Laboren auf Corona-Viren getestet werden. „Diese Testkapazitäten sind nach dem absehbaren Lagebild ausreichend“, sagt Prof. Dr. Andreas Bohn, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes in Münster und Mitglied im Krisenstab der Stadt. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die Testkapazitäten auch für den dafür vorgesehenen Personenkreis reserviert bleiben. Bohn: „Der Wunsch nach einem Test allein kann und darf nicht als Begründung reichen. Bei vielen Patienten und teilweise auch bei verordnenden Ärzten stößt das leider auf Unverständnis.“
Der Weg zu einem Corona-Test führt im ambulanten Bereich über einen niedergelassenen Arzt, von dem die zu testenden Personen mit einer entsprechenden Verordnung an unterschiedliche Teststationen zugeordnet und geprüft werden. In einem gemeinsamen Appell drängen Bohn, Prof. Dr. Dr. h. c. Hugo van Aken (Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Münster), Prof. Dr. Stephan Ludwig (Direktor des Instituts für Virologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster) und  Dr. med. Peter Czeschinski (Leitender Arzt beim Universitätsklinikum Münster) deshalb darauf, nur Personen testen zu lassen, die auch die dafür vorgeschriebenen Kriterien erfüllen. „Ärztinnen und Ärzte tragen eine hohe Verantwortung für den gewissenhaften Einsatz unserer  Ressourcen“, heißt es in dem Gemeinschaftsappell.
Den Kriterien zufolge soll nur getestet werden, wer aus einem der vom Robert Koch-Institut definierten Risikogebiete zurückgekehrt ist und deutliche Infektionssymptome zeigt oder wer deutliche Symptome nach einem Kontakt mit einer bereits positiv getesteten Person hat. Für die Mitarbeiter in Bereichen der kritischen Infrastruktur gelten gesonderte Verfahren, um unter allen Umständen sicherzustellen, dass Wasserversorgung, Energie, Telekommunikation, Gesundheitsversorgung und viele weitere unverzichtbare Leistungen jederzeit erbracht werden können.

Man fragt sich, wann Deutschland oder NRW selbst zum Risikogebiet erklärt wird. So lange müssen viele Kranke offenbar noch auf einen Test waren.

Vertrauenskrise zwischen Volk und Politikern

Dezember 5, 2018

Gerhard Papke sprach beim Hayek Club. Foto: Grafenstein

Gerhard Papke war ehemals ein führender Politiker der FDP und Vizepräsident des Landtags in NRW, überwarf sich jedoch mit seinem einstigen Weggefährten Christian Lindner über den Umgang mit der Migrationskrise und dem Islam bzw. Islamismus. Beim Hayek-Club Münsterland gab er sich als überparteilicher Warner vor einer Vertrauenskrise zwischen Politikern und Volk. Die Probleme in Deutschland reichten weit über den Zustand einzelner Parteien hinaus. Die Parteien hätten sich weit von der Lebensrealität der Bürger entfernt, die Politik habe oft nur noch Effekthascherei und Show anzubieten.

Drei Politikfelder hob Papke hier besonders hervor: Migration, Deutschland und Europa sowie Wertevermittlung.

Im Feld der Migration könne jetzt, aber auch in Zukunft, keine Entwarnung gegeben werden. Die Bevölkerung Afrikas werde sich verdoppeln, die Zuwanderung werde daher wieder zunehmen und dabei all unsere Vorstellungskraft sprengen. Die afrikanischen und arabischen Zuwanderer hätten ein sehr niedriges Bildungsniveau und andere Werteverständnisse, insbesondere auch im Verhältnis von Frau und Mann. Dies führe dazu, dass es bei Übergriffen auf Frauen wie an Silvester 2016 oft an Unrechtsbewusstsein fehle, denn nach dem Verständnis der Täter hätten sich Frauen nachts nicht mehr in der Öffentlichkeit aufzuhalten. Das seien enorme kulturelle Herausforderungen, Deutschland müsse zum Schutz der wehrhaften Demokratie gegen den Islamismus aufstehen. Eine Verniedlichung der Probleme seitens der Politiker müsse hier zu einem Aufbegehren der Bürger führen. Solange ein Schutz der EU-Außengrenzen nicht möglich sei, sei ein Schutz der deutschen Landesgrenzen notwendig. Dieser finde derzeit nicht wirksam statt. Auch wer keine oder gefälschte Papiere habe, müsse leider an der deutschen Grenze nur „Asyl“ sagen, um ins Land zu kommen.

Auf EU-Ebene müsse die Souveränität der europäischen Staaten wieder wertgeschätzt werden. Die Vielfalt seiner Völker sei die Stärke Europas. Durch die Masseneinwanderung und die Bekämpfung der Nationalstaatlichkeit würde die Menschen kulturell entwurzelt, diese sehnten sich aber nach Haltepunkten wie Familie, Freunde, kulturelle Identität und Heimat.

Nicht zuletzt konstantiert Papke eine Sehnsucht der Bürger nach mehr Anstand. Höflichkeit und Respekt würden wieder geschätzt, daher müsse es einen Richtungswandel im Schul- und Bildungssystem geben. Zum Erziehungsauftrag der Lehrer müsse auch die Vermittlung von Werten gehören.

Unternehmensnachfolger verzweifelt gesucht

November 30, 2018

„In den nächsten 4 Jahren geht man von mindestens 600.000 Unternehmen aus, für die in Deutschland der Generationen-wechsel ansteht. Die Dunkelziffer kommt on top noch dazu“, so Dorothee Schenten vom KompetenzCenter Wirtschaft in Dortmund, das Unternehmensnachfolgen vermittelt. Die Unternehmensnachfolge gleicht einem Notstandsgebiet, die Gründergeneration ist in die Jahre gekommen.
Was ist schief gelaufen, dass aktuell aus allen Wirtschaftsecken ein Ruf wie Donnerhall erschallt: Wir suchen Unternehmensnachfolger! Merklich wabert ein schleichender Prozess durchs Land: „Ich finde keinen Nachfolge und schließe mein Unternehmen ab“, es ist ein Knockout für die deutsche Wirtschaft. Hier setzt ein Dominoeffekt ein. Wichtige Fachkompetenz geht verloren, genauso wie Arbeitsplätze. Der scheidende Unternehmer als Auftraggeber fehlt zukünftig, auch die Vielfältigkeit am Markt geht verloren.
Eine große Zahl von Nachfolgern und Nachfolgerinnen ist nötig, damit die Schlagkraft der deutschen Wirtschaft weiterhin aufrechterhalten werden kann. In der heutigen globalen Welt, macht das Thema Generationenwechsel vor keiner
Landesgrenze halt. Jedes Unternehmen, das keinen Nachfolger findet und die Türen schließt, ist ein unwiederbringlicher Verlust für den deutschen Wirtschaftsstandort.

Nicht außer Acht zu lassen sind die Aktivitäten ausländischer Investoren bei ihren Einkaufstouren durch die kleinen- und mittelständischen Unternehmen. Die Kritik und die Sorge zugleich nimmt Schenten in Unternehmergesprächen regelmäßig wahr. Auffallend ist aber auch, dass ausländische Investoren entscheidungsfreudiger sind als inländische.

Ganz am Anfang der Entscheidungsprozesse steht für den Unternehmer  immer eine große Hürde, weiß Schenten: „Hinter einem Lebenswerk die Tür abzuschließen, fällt jedem Unternehmer schwer. Der emotionale Aspekt darf nicht unterschätzt werden. Wie bei vielen anderen Entscheidungen im Unternehmeralltag sind weiche und harte Faktoren zu berücksichtigen, geprägt von einem hohen Maß an Individualität. Zuallererst braucht der Unternehmer eine Person
seines Vertrauens, der er sich offenbaren kann: Ich will abgeben, was muss ich jetzt tun?“
Viele betroffene Unternehmer befinden sich in einer üppigen Lage, so Schenten: “Die Umsatzkurve steigt kräftig nach oben. Heißt aber auch, das Arbeitspensum ist fast unerträglich angestiegen. Kaum Zeit zum Durchschnaufen, um sich mal Gedanken zu machen um Weiterentwicklungen. Klärungsprozesse, wie es mit dem Firmen-Lebenswerk weitergehen soll, bleiben aus. Und natürlich auch mit wem? Oder doch noch ein wenig abwarten, denn es läuft ja so gut? Die Unternehmer möchten gerne reden, eigentlich, aber das Tagesgeschäft lässt ihnen kaum Zeit zum Atmen. Die angesprochene jüngere Garde „Ich kann eine Firma leiten“, befindet sich aktuell auch in dem Sog der totalen Arbeitsüberlastung. Die eigene Selbstständigkeit wird erst einmal hinten angestellt. Wieso ein Risiko eingehen, wenn doch der gute Arbeitsplatz als Angestellter möglich
ist. Heißt, der Mut zur Selbständigkeit bleibt auf der Strecke?“

Der stille Wunsch der Gründerväter und Mütter hat sich zu einem brennenden Anliegen gefestigt:
Wo ist der vermeintliche „Siamesische Zwilling“? Der, der so tut wie ich und mein Unternehmen in die Zukunft führt? Wir wissen heute, dass viele Söhne und Töchter aus Familienbetrieben, geprägt durch das Elternhaus, kein Interesse am Unternehmerdasein oder an der Branche haben. Mit einem überschaubaren Entwicklungsspielraum könnte das schon ganz anders aussehen. Dies setzt auf beiden Seiten eine gute Portion Toleranz voraus; denn Nachfolger lassen sich nicht gerne ständig auf die Finger schauen, schon aber über die Schulter. Der externe Nachfolger sieht das nicht anders.
Also was läuft denn so wirklich schief im Lande von „Made in Germany“?
Unternehmensnachfolge muss endlich einen Status der Normalität erreichen. Es sollte als Chance begriffen werden und präsenter in den Köpfen aller sein. Die Alt-Unternehmer verbergen nicht ihre Enttäuschung über fehlenden Respekt zu geschaffenem Firmenwert, über fehlenden Arbeitseifer. Ja, die Alten haben geschuftet. Haben etwas aufgebaut und stoßen sich an der Ignoranz der Jungen, effizientere Arbeitsweisen und einer anderen Vorgehensweise in der Welt 4.0. Ein Körnchen Wahrheit ist auf beiden Seiten zu finden.

Schenten stellt am Anfang dieser Gespräche erst einmal die Herausforderung für beide Seiten da. „Mit einem Lebenswerk im Rucksack und neuen Impulsen in die Zukunft zu starten. Die Mischung macht’s, aus langjähriger Erfahrung und neuen Ideen. Da gehören zwei zu, die das auch zulassen und sich zuhören. Unser Credo ist: Wir bringen die richtigen Nasen zusammen.“
Die Weisheit ist nicht neu: Nur wer redet, dem kann geholfen werden! Genau hier liegt einiges im Argen, so Schenten.

Merkel – das politische Chamäleon

Januar 15, 2017

Angela Merkel, Pastorentochter und Physikerin, ist zweifellos überdurchschnittlich intelligent und gebildet, aber ein Charisma-Ausfall und auch kein besonderes rhetorisches Talent. Ich verstehe nicht wirklich, wie sie Millionen Menschen für sich einnehmen und das ganze Land nach sich ausrichten kann. Ich erinnere mich an einen Wahlkampfauftritt auf dem Domplatz in Münster, den Merkel damit einleitete, dass heute sicher alle einen schönen Tag an ihrem Swimmingpool verbracht hätten. CDU-Anhänger gehören freilich oft zum saturierten Bürgertum, aber ein Pool in jedem Garten gehört da sicher nicht dazu. Das wirkte unbeholfen.

Ihre Fähigkeit Angriffe an sich abprallen zu lassen ist aber berühmt – Teflon-Merkel heißt sie auch. Dabei geht sie selbst in der Regel nicht mit herabwürdigenden Angriffen auf die Gegner los,

In diesem Zusammenhang ist Merkels Bescheidenheit und Offenheit hervorzuheben, weil sie nicht die promovierte Physikerin hervorkehrt. Deswegen können sich viele Wähler mit ihr identifizieren, da sie durchschnittlich wirkt, wie eine biedere Haus- oder Geschäftsfrau. In CDU-Kreisen heißt sie auch „Mutti“, obwohl sie keine Kinder hat.

Ihre Herkunft aus dem protestantischen Pfarrhaus verbürgt, dass sie gut auf die Mentalität der Menschen in einer christlichen Mehrheitsgesellschaft einzugehen weiß. Sie ist dabei absolut skandalfrei und eine Meisterin der Selbstbeherrschung, frei von Entgleisungen.

Doch wofür steht Merkel eigentlich? Sie trat anfangs als liberalkonservative Reformerin auf, um sich dann linksökologisch umzuentscheiden, wurstelt sich so von Krise zu Krise durch. Als Schröder Kanzler war, befleißigten sich alle der Formel „richtig und wichtig“. Jetzt heißt es nur noch mit „Wir schaffen das“ durchzuhalten. Merkel war im DDR-Regime angepasst und unauffällig – Widerstandsleistung Null. Nach der Wende hat sie ihre Anpassungsfähigkeit an das BRD-System unter Beweis gestellt. Heute ist sie eine Meisterin darin, sich den Wählern anzupassen und sich an der Macht zu halten. Insbesondere hat sie auch die CDU an die sozialdemokratische Grundströmung im Land angepasst. Merkel ist ein politisches linksliberalkonservativökologisches Chamäleon, das sich an jede politische Umgebung und Stimmung anzupassen und fast jede Position einzunehmen vermag. Opposition gegen Sie aus der Mitte heraus ist daher schwer möglich, was SPD und Grüne schmerzlich erfahren müssen. Mittlerweile passen sich aber auch Menschen an Merkel an, denn in der Krise schart sich die Bevölkerung oft ums Zentrum der Macht. Dabei haben sie es nicht leicht, denn sich an ein Chamäleon anzupassen ist schwierig.

Es wird schon geunkt, man müsse heute berufliche und gesellschaftliche Nachteile in Kauf nehmen, wenn man offen gegen Merkel opponiert. Wie soll eigentlich vor diesem Hintergrund die Nachfolge von Merkel CDU-intern aussehen und gestaltet werden? Starke Kronprinzen oder –prinzessinnen  sind weit und breit nicht in Sicht.