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Auf den Spuren der Johanna von Orléans

August 3, 2021

Münster (SMS) Der Gang durch die Domgasse führt in diesen Wochen in die Geschichte von Münsters Partnerstadt Orléans: Auf acht gestalteten Tafeln kann das Leben der Johanna von Orléans nachgelesen werden. Die zweisprachige Ausstellung ist dem 100. Jahrestag der Heiligsprechung der französischen Nationalheldin gewidmet und wurde von der Stadt Orléans gestiftet. Realisiert hat die Freiluftausstellung das Bistum Münster. 
Zudem ruft die Ausstellung das 60-jährige Bestehen der Städtepartnerschaft zwischen Orléans und Münster im Jahr 2020 in Erinnerung. Die wegen der Pandemie verschobenen Feierlichkeiten ersetzen in diesem Jahr Projekte und Aktionen rund um die deutsch-französische Freundschaft. 

Tafeln an der Domgasse informieren über Johanna von Orleáns und die Städtepartnerschaft zwischen Münster und Orléans. Foto: Stadt Münster

Starkregen: Über 70 Feuerwehreinsätze

Juli 15, 2021

Münster (SMS) Starkregen hat die Feuerwehr Münster bis in die Nacht zu Donnerstag im Dauereinsatz gehalten: Über 70 Mal mussten die Einsatzkräfte Hilfe leisten und fast ausnahmslos vollgelaufene Keller wie Untergeschosse leerpumpen.
Schon früh waren am Mittwoch rund 200 Kameradinnen und Kameraden alarmiert worden, viele weitere Kräfte in Berufs- und Freiwilliger Feuerwehr verfolgten die Unwetterwarnungen, die wegen des Sturmtiefs „Bernd“ von verschiedenen Wetterdiensten vorausgeschickt wurden. Entsprechend wurden die Leitstelle verstärkt und Sitzbereitschaften in den Gerätehäusern der Freiwilligen Feuerwehren eingerichtet.  Als dann um 16.01 Uhr der erste Notruf aus Handorf einging, nahm der Arbeitstag einen intensiven Verlauf. Der Kampf gegen Wassermassen wurde insbesondere im Süden Münsters ausgetragen, doch auch im Zentrum und einigen nördlichen Vororten waren bis 22 Uhr einzelne Einsätze in der Stadt zu verzeichnen. Die Wetterstation am FMO meldete am Mittwoch eine Niederschlagsmenge von 23,4 Litern je Quadratmeter, das Institut für Landschaftsökologie an der Uni Münster einen Wert von 43,7 Litern.

Straßen unpassierbar, gefährliche Strömungen
Gegen 19.30 Uhr wurde schließlich auch die Feuerwehr-Bereitschaft Warendorf/Münster von der Bezirksregierung zur Unterstützung in der Städteregion Aachen angefordert – vier Züge, eine Führungseinheit. Aus Münster machten sich 22 Einsatzkräfte (19 Männer, 3 Frauen) mit großem Gerät auf den Weg. „Ein paar Autobahnen waren aufgrund der Überflutungen bereits gesperrt, in einigen Bereichen nur eine Spur befahrbar. Um 1.45 Uhr waren wir dann aber vor Ort“, sagt Einheitsführer Marc Greshake (Freiwillige Feuerwehr, Löschzug Kinderhaus).
In Aachen wurden die Einheiten getrennt und sofort an die Einsatzstellen beordert. Für die Teams aus Münster bedeutete das vor allem: Keller auspumpen, dies aber unter riskanten Bedingungen. „Viele Straßen sind nicht passierbar, ganze Straßen abgesackt und weggespült – die Einsätze waren durchaus gefährlich, die Strömungen im hügeligen Gelände enorm.“ In Gedanken waren alle Beteiligten da bei zwei Kameraden, die am Mittwoch bei den Unwettereinsätzen in Altena und Werdohl ums Leben kamen.

„Den Betroffenen viel Kraft“
„Vor fast genau sieben Jahren wurde Münster von einem enormen Starkregenereignis heimgesucht, daher machen uns die Nachrichten und Bilder aus den Städten und Regionen besonders betroffen“, so Oberbürgermeister Markus Lewe. „Viele auch aus anderen Städten, Kreisen und Gemeinden haben 2014 geholfen, die schlimmen Folgen des Unwetters zu lindern. Ich danke den Einsatzkräften, die in besonders betroffenen Gebieten, wie der Stadt Aachen, kurzfristig Hilfe geleistet haben. Wir sind in Gedanken bei den Opfern und wünschen Betroffenen viel Kraft.“
Auch die Helfer aus Münster, die in Aachen im Einsatz waren, wurden zwangsläufig an die Erlebnisse 2014 erinnert: „Der Großteil unserer noch jungen Einsatzkräfte hatte das Ereignis in Münster aktiv miterlebt und die damaligen Gefühle gleich wieder präsent. Es ist nicht so anonym wie bei den Alltagseinsätzen – wir haben vor Ort ganz viel Dankbarkeit und Freude erlebt, als wir den Menschen geholfen haben“, so Greshake. „So viele Menschen konnten sich selbst nicht mehr helfen, vollgelaufene Keller standen unter Strom, weil auch die Hauptverteiler überspült waren. Das war dem Ereignis in Münster damals schon alles sehr ähnlich.“
Am Mittag kehrten die Einsatzkräfte nach Münster zurück – geschafft, aber gesund.

Feuerwehr Münster in Aachen. Foto: Feuerwehr

Starkregen in Münsters Vergangenheit
 Erfahrungen mit Starkregenereignissen hat die Stadt Münster schon oft sammeln müssen, vor allem die sogenannten „Jahrhundert-Unwetter“ im August 2004 und Juli 2014 sind im kollektiven Gedächtnis geblieben:

14./15. August 2004: 2100 Notrufe erreichten die Feuerwehr Münster in Folge eines zunächst unspektakulären Sommerregens. Dieser entwickelte sich aber zu einem enormen Starkregen-Ereignis: Erstmals in der Nachkriegszeit wurde systematisch überörtliche Hilfe im größeren Umfang angefordert. An mehr als 1200 Einsatzorten leisteten die über 400 Rettungskräfte teils ihren bis zu 24-stündigen Dienst. Im Schnitt alle 12 Sekunden ging über mehrere Stunden ein Notruf bei der Feuerwehr ein. Parallel dazu wurden bis zu 60 Liter Niederschlag pro Quadratmeter verzeichnet.

28. Juli 2014: „Das Unwetter dieses Tages forderte Menschenleben, zerstörte Existenzen und schädigte in außerordentlichem Maße privates wie öffentliches Vermögen“ – so schließt eine 43 Seiten starke Bilanz der münsterschen Stadtverwaltung zum Starkregen-Ereignis. Binnen sieben Stunden waren 292 Liter Regen pro Quadratmeter herniedergestürzt – davon 220 Liter in eineinhalb Stunden. 13.000 Notrufe gingen in der Folge ein, 24. 000 Haushalte waren ohne Strom, viele Menschen schließlich sogar ohne Haushalt. Das Hochwasser löste den größten Einsatz von Feuerwehren und Hilfsorganisationen in Münster seit Ende des Zweiten Weltkriegs aus. 3500 Einsatzkräfte aus ganz NRW unterstützten die hiesige Bevölkerung im Kampf gegen die Fluten. Mehr als eine Woche lang war der münstersche Krisenstab im Einsatz, länger sogar die sogenannte „Leidstelle“ – eine Gruppe junger Freiwilliger, die nach einem Facebook-Aufruf die ehrenamtliche Hilfe in der ganzen Stadt organisiert und zwischenzeitlich über 8000 Bürgerinnen und Bürger durch Münster gesteuert, Hilfsbedürftige und Helfende zusammengebracht hatte.

Schwellen gegen Poser und Raser

Juli 3, 2021

Münster (sms). Eine sogenannte „Poser- und Raser-Szene“, vornehmlich aus dem nördlichen Ruhrgebiet, terrorisiert seit einiger Zeit eine Villengegend um die Annette-Allee, die an dem Münsterschen Naherholungsgebiet des Aasees gelegen ist. Stadt und Polizei haben nun – neben weiteren Maßnahmen – beschlossen, Fahrbahnschwellen zu installieren.
Als Sofortmaßnahme wurden zunächst mobile Absperrschranken zur Einengung der Fahrbahn aufgestellt. Diese werden nun durch fest installierte Fahrbahnschwellen ersetzt.

„Wir gehen davon aus, dass durch die Schwellen dieser Bereich für die Poser-Szene unattraktiv wird“, so Nobert Vechtel, Leiter des Ordnungsamtes. „Der Einbau der Schwellen dient allein der unmittelbaren Gefahrenabwehr in dieser Ausnahmesituation. Eine Festlegung zu einer dauerhaften Umgestaltung der Annette-Allee ist damit nicht verbunden.“ Da die Schwellen nicht über die gesamte Breite der Fahrbahn verlegt werden, kann der Radverkehr seitlich daran vorbeifahren.

Die Annette-Allee ist eine Fahrradstraße, auf der Autos zugelassen sind.
Schwellen sollen nun gegen Auto-Rowdys helfen. Foto: Stadt Münster.

Rohstoffmangel macht sich bemerkbar

Juni 8, 2021

Münster (SMS) Die gesamte Baubranche leidet unter Rohstoffmangel und steigenden Preisen. Holz, Stahl, Dämm- und Kunststoffe sind zurzeit kaum verfügbar, dadurch erhöhen sich die Preise zum Teil deutlich. Betroffen sind auch städtische Bauprojekte: Verzögerungen sind bei den Neubauten der Mathilde-Anneke-Gesamtschule, der Grundschule samt Mensa am Schulzentrum Kinderhaus sowie der Dreifachsporthalle am Pascal-Gymnasium absehbar.
Bei der Mathilde-Anneke-Gesamtschule machen zurzeit vor allem Lieferengpässe beim Rohstoff Holz Schwierigkeiten. Die Fertigstellung zum Schulstart im Sommer 2022 wird sich daher verschieben. Ein genauer Zeitrahmen lässt sich aufgrund der dynamischen Entwicklung auf den Rohstoffmärkten noch nicht endgültig festlegen. Die Verwaltung ist mit der Schule im Gespräch, um eine Zwischenlösung zu entwickeln.
Beim Neubau der Grundschule samt Mensa am Schulzentrum Kinderhaus fehlen Materialien für Dach und Fassade. Die für Ende 2021 geplante Fertigstellung wird sich damit voraussichtlich verzögern. Vier Wochen später als geplant wird auch die neue Dreifachsporthalle am Pascal-Gymnasium fertig. Bei dem sich auf der Zielgeraden befindenden Neubau gibt es aktuell Materialengpässe bei der Dachabdichtung und Dämmung. Nach derzeitigem Stand kann die Sporthalle aber wie geplant nach den Sommerferien 2021 in Betrieb gehen.
Die Auswirkungen der Entwicklung am Rohstoffmarkt auf die Zeit- und Kostenplanung weiterer städtischer Bauprojekte sind derzeit noch nicht abzusehen.

Die Anführer der Wiedertäufer

April 16, 2021
Täuferkönig Jan van Leiden (1509-1536) mit Szepter und Folterzangen als Attribut. Foto: Grafenstein
Bernd Knipperdolling (1495-1536), Scharfrichter und Statthalter des Täuferreichs zu Münster, mit Richtschwert und Folterzange als Attribut. Foto: Grafenstein
Bernd Krechting (1500-1536), ein weiterer Anführer des Täuferreichs zu Münster, mit Folterzange und Geldsack als Attribut. Foto: Grafenstein

Der Bildhauer Paul Waldow (1898-1972) erschuf in den 1960er ein Säulenkapitell am historischen Rathaus des Westfälischen Friedens zu Münster, das die drei Anführer der Wiedertäuferbewegung zeigt, die 1536 auf dem Prinzipalmarkt hingerichtet und danach in den noch heute an der Lambertikirche hängenden Käfigen zur Schau gestellt wurden. Bernd Krechting musste wohl an Stelle seines viel prominenteren Bruders Heinrich Krechting, des Kanzlers des Täuferreichs, sterben, dem die Landsknechte des Fürstbischofs von Münster freies Geleit gewährten, weil er sich in einer Wagenburg auf dem Prinzipalmarkt bei den letzten Gefechten während der Rückeroberung der Stadt durch den Bischof so tapfer verteidigt hatte. Welche Bedeutung Waldow mit dem Geldsack neben Krechting verbinden wollte, hat er als Geheimnis leider mit ins Grab genommen. Viertes Stück auf dem Kapitell ist der von Schwertern durchbohrte Reichsapfel als Insignie Jan von Leydens, der im vorigen Beitrag zu sehen ist.

Der König der letzten Tage

März 31, 2021
Königliches Symbol Jan van Leidens an einem Säulenkapitell des Rathauses zu Münster: Zwei Schwerter durchstoßen einen Reichsapfel.

Im historischen Münster des Täuferreichs spielt der fantastische Historienfilm „König der letzten Tage“ (1993) mit einem brilliant aufspielenden Christoph Waltz als Täuferkönig Jan van Leiden vor der in Tschechien aufgebauten mittelalterliche Kulisse der Stadt. Ebenfalls in einer großen Rolle ist hier Mario Adorf als Fürstbischof Franz von Waldeck zu sehen. Dem Film wird zu freier Umgang mit der historischen Materie vorgeworfen, in groben Zügen stimmt bei aller künstlerischen Freiheit die Darstellung mit der allerdings unglaubhaft verrückten Wirklichkeit des Täufertums mit Bilderstürmerei, Vielweiberei, Geldverbot und religiösem Größenwahn jedoch überein. Neben den schauspielerischen Leistungen von Waltz als auf den Tischen tanzender Heiland und Adorf als bodenständiger Bischof nehmen den Betrachter die opulente Ausstattung, die rauschhafte Filmmusik von Wojciech Kilar und der spannende Handlungsbogen gefangen – überdurchschnittlich für einen deutschen Fernsehfilm.

Das historische Täuferregime wurde, wie im Film gezeigt, gewaltsam niedergerungen, nachdem es zum Ende hin selbst immer blutrünstiger geworden war. Bis heute ist Münster dadurch besonders katholisch geprägt und ein Vergleich mit den Täufern noch in der Gegenwart eine politische Beschimpfung, ähnlich dem Nazivergleich im übrigen Deutschland. Es gibt jedoch immer mehr Linke, Freigeister und Progressive in Münster, die sich positiv auf das Täuferreich beziehen, weil sie die Täufer für den linken Flügel der Reformation halten.

Wer war es, der den Lorbeer brach

März 28, 2021
Die Käfige an St. Lamberti, in der die hingerichteten Anführer des Täuferreichs zu Münster, Jan von Leyden, Bernd Krechting und Bernd Knipperdolling, zur Schau gestellt wurden. Foto: Grafenstein

Wer war es, der den Lorbeer brach
Und ihn an seine Kappen stak.
Ich will´s euch offenbaren:
Wir riefen das Kreuz vom Himmel an
Wir frommen Landsknecht alle.

Es war an einem Montag,
Als der Sturm auf Münster anbrach
Wohl um die siebte Stunde.
Da blieb so mancher Landsknecht tot
Vor Münster in der Runde.

Zum Sturm war es nur kurze Zeit
Bis die Mette war bereit.
Die Mette war gesungen,
Dann schossen sie los der Büchsen drei,
Alarm, so schlug die Trommel.

Die Landsknecht warn in großer Not
Da blieben wohl dreitausend tot.
In anderthalben Stunden
War das nicht der Knecht‘ ein großer Hauf,
Drum soll kein Landsknecht trauern.

(Landsknechtslied aus dem 16. Jahrhundert, das an den Kampf gegen das Täuferreich zu Münster und die Belagerung der Stadt durch die Truppen des Fürstbischofs Franz von Waldeck erinnert.)

Münster will Corona-Modellstadt werden

März 24, 2021

Münster (SMS) Die Stadt Münster setzt ein Zeichen für von der Corona-Krise besonders stark betroffene Wirtschaftszweige. In einem heute versendeten Brief an die NRW-Staatskanzlei beantragt Oberbürgermeister Markus Lewe, dass Münster als so genannte Corona-Modellstatt zugelassen wird und den Bürgerinnen und Bürgern unter strengen Auflagen auch während des bundesweiten Lockdowns den Zugang zu Geschäften, Kultureinrichtungen, Zoo und gegebenenfalls weiteren Bereichen ermöglicht.
„Ich begrüße es sehr, dass die nordrhein-westfälische Landesregierung in ausgewählten Modellkommunen gelockerte Corona-Beschränkungen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, ermöglichen will“, schreibt Lewe an den Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski. Er sei der festen Überzeugung, dass über gute Testkonzepte und digitale Kontaktnachverfolgung – verbunden mit niedrigen Inzidenzwerten – modellhaft in den ausgewählten Städten und Landkreisen Erfahrungen gesammelt werden könnten, die dann landesweit in eine verantwortungsvolle Öffnungsstrategie umgesetzt werden könnten. Lewe schreibt: „Die Stadt Münster will gerne eine dieser Modellstädte sein.“
Für Münster spricht aus Sicht der Stadtverwaltung eine schon seit langem vergleichsweise niedrige Wocheninzidenz: Nach dem Jahreswechsel lag der Wert in der Domstadt in der Summe acht Wochen unter 50 und ist mit aktuell rund 65 immer noch im Bundesvergleich überdurchschnittlich gut. Auch die intensivmedizinischen Reserven in den Krankenhäusern der Stadt liegen auf einem hohem Niveau. Zudem kann Münster mit 12,4 Prozent inzwischen eine vergleichsweise hohe Impfquote vorweisen. Die „Luca-App“ zur digitalen Kontaktnachverfolgung wurde bereits in das städtische Präventionssystem integriert. Zudem bieten in Münster aktuell sieben Testzentren, 21 Apotheken und 100 Arztpraxen Corona-Tests an, das Angebot wird von der Bürgerschaft intensiv genutzt.
Die Stadt Münster schlägt vor, dass der auf diesem Weg erfolgte weitestgehende Nachweis einer Infektionsfreiheit zunächst in der Innenstadt und später auch darüber hinaus Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu Einrichtungen ermöglichen soll. Alternative Zugangsvoraussetzung könnte auch ein Impfnachweis sein. In den Einrichtungen selbst sollen weiterhin strikte Hygieneregeln gelten sowie eine klare Begrenzung der Personenzahl pro Fläche. Geschäfte, die mitmachen möchten, müssen im Gegenzug eine digitale Kontaktdatenerfassung sicherstellen, die eine schnelle Intervention des Gesundheitsamtes bei etwaigen Infektionsketten ermöglicht. „Ich würde mich sehr freuen, wenn Münster eine der Städte würde, in der das Land zusammen mit der Stadt modellhaft innovative Wege testet und Erfahrungen sammelt“, so Lewe in seinem Schreiben an die Staatskanzlei.
Zuvor hatte sich auch der Krisenstab Wirtschaft in Münster für eine testbasierte Öffnungsstrategie im Stadtgebiet ausgesprochen.

Im März 2021

März 19, 2021
Fotograf: Christoph Stracke

Coronakrise kommt Münster teuer zu stehen

Dezember 9, 2020

Münster (SMS) Der Rat der Stadt Münster hat heute (Mittwoch) einer Übergangsfinanzierung für den Aufbau des Corona-Impfzentrums in einem Teilbereich der Halle Münsterland zugestimmt. Der Beschluss ermöglicht die Vorfinanzierung kurzfristig anfallender Kosten für den Aufbau und den Betrieb der Einrichtung in Höhe von zunächst einer Million Euro.
Krisenstabsleiter Wolfgang Heuer sagte: „Dieser Ausgabenblock war bei der Haushaltsauftellung nicht absehbar und ist in seiner abschließenden Höhe auch jetzt noch nicht präzise kalkulierbar.“ Unter anderem sei noch unklar, wie lange das Impfzentrum in Betrieb bleiben müsse. Laut Heuer wird das Zentrum in der kommenden Woche funktionsbereit sein. Für Freitag plant die Stadt die Veröffentlichung weiterer Details zu diesem Thema. 
Die städtischen Finanzen standen im Zentrum der Ratssitzung. Stadtkämmerin Christine Zeller brachte ihren Entwurf für den Haushaltsplan 2021 ein. Der Entwurf der Kämmerin ist erwartungsgemäß geprägt von den Verwerfungen der Corona-Pandemie. Allein die Corona-bedingte Belastung im Jahr 2021 beträgt fast 55 Mio. Euro.

OB Markus Lewe ruft dazu auf, Mut und Zuversicht zu bewahren
Oberbürgermeister Markus Lewe sagte in seiner Haushaltsrede: „Die menschlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und ihrer Bekämpfung sind bereits heute dramatisch und werden sich im Verlauf der nächsten Monate weiter zuspitzen.“ Während die städtischen Ausgaben nahezu unvermindert weiter anfielen, gingen die Einnahmen deutlich zurück. So habe die Stadt die Beiträge für Kitas, Bäder, Theater, Musik- und Volkshochschulen erstattet oder gar nicht erst erhoben. Die Gewerbesteuer sei zinslos gestundet und  die Tanzsteuer abgeschafft worden. Umgekehrt sei zur gezielten Struktur- und Existenzsicherung freier Kulturbetriebe und Kulturträger ein kommunaler Unterstützungsfonds in Höhe von 400.000 Euro eingerichtet worden.
Die Welt werde nach der Pandemie zwar eine andere sein. „Wir müssen die Veränderungen aber auch als Chance begreifen und unsere Zukunft auch weiterhin mit Mut und Zuversicht gestalten“, so der Oberbürgermeister. Nicht zuletzt sei in der Pandemie erneut der ausgeprägte Zusammenhalt der Münsteranerinnen und Münsteraner deutlich geworden. Lewe: „Die starke Solidarität der Bürgerinnen und Bürger  untereinander und mit ihrer Stadt war und ist ein Garant dafür, dass wir die Corona-Krise bislang besser gemeistert haben als viele andere Städte in Europa.“ 
Durch die Unterstützung von Bund und Land sei es gelungen, das Investitionsvolumen von Städten, Kreisen und Gemeinden aufzufangen. Lewe: „Die wichtigsten Wachstumsprojekte konnten so stabilisiert werden und das gesellschaftliche Klima vor einer Zuspitzung der Verteilungskämpfe bewahrt werden.“

Wohnungsbautätigkeit ungebrochen
So schreiten in Münster unter anderem die Arbeiten an den neuen Stadtquartieren York und Oxford mit insgesamt 3000 neuen Wohneinheiten trotz der Krise gut voran. Lewe nannte das Thema Wohnen „eine der größten zukunftsentscheidenden Aufgaben unserer Stadt“. Der Wohnungsbau in Münster befinde sich auf einem herausragend hohen Niveau. Münster habe mit 1750 Wohnungen zuletzt die höchste Zahl an Baufertigstellungen seit dem Jahr 2000 erreicht. Das fortgeschriebene Baulandprogramm sehe über 10.000 neue Wohnungen in über 40 Baugebieten vor. Lewe: „Zusammen mit Frankfurt verzeichnete Münster im Zeitraum von 2012 bis 2017 die relativ zur Einwohnerzahl größte Wohnungsbautätigkeit. Und die Erweiterung der Kapazitätsreserven durch die neuen Baugebiete lässt auch für die nächsten Jahre eine weitere Steigerung der Wohnungsneubauzahlen erwarten.“
Ausblickend machte Lewe deutlich, dass auch in den kommenden Jahren Stabilisierungshilfen von Bund und Land notwendig seien, um insbesondere Kürzungen bei den Investitionen zu vermeiden.

Haushaltsautonomie der Stadt soll verteidigt werden 
Zeller beschrieb den aktuellen volkswirtschaftlichen Rahmen ihres Zahlenwerks. „Die Pandemie hat in den vergangenen Wochen und Monaten zu erheblichen wirtschaftlichen Verwerfungen geführt. Anders als in früheren Krisen ist auch ein großer Teil der Dienstleistungen betroffen“, so die Kämmerin.
Dennoch müsse die Haushaltsautonomie der Stadt Münster verteidigt werden. Im Zentrum des Haushaltsplanes stehe die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit städtischen Leistungen. In etwa auf dem Niveau des laufenden Jahres plant die Kämmerin im kommenden Jahr Aufwendungen in Höhe von 1,3 Milliarden Euro. Die beiden größten Kostenblöcke werden sein: Der Bereich der sozialen Leistungen (320 Millionen Euro) und die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe (287 Millionen Euro).
Auf der anderen Seite plant die Stadt im kommenden Jahr mit Erträgen von rund 1,25 Milliarden Euro und geht von deutlichen Veränderungen gegenüber dem Jahr 2020 aus. Wesentliche Ursachen sind Corona-bedingt schrumpfende Steuererträge (602 Millionen Euro nach 647 Millionen im Vorjahr), darunter vor allem bei der Gewerbesteuer und beim Anteil an der Einkommensteuer. Zeller: „Der Haushalt der Stadt Münster wird auch in den nächsten Jahren deutliche Defizite ausweisen.“ 

Defizit von 66,9 Millionen Euro 
Im kommenden Jahr rechnet die Verwaltung mit einem bereinigten Defizit von 12,2 Mio. Euro. Die Corona-bedingte Belastung des städtischen Haushalts ist darin nicht enthalten, sondern separat ausgewiesen; sie beträgt zusätzlich 54,7 Mio. Euro. Diese zusätzliche Belastung verringert das städtische Eigenkapital nicht im Jahr 2021, sondern erst in späteren Jahren (ab 2025). Das Bild des nicht ausgeglichenen Haushalts setzt sich in den Jahren der mittelfristigen Ergebnisplanung mit Defiziten von 69,9 Mio. Euro (2022), 56,1 Mio. Euro (2023) und 52,6 Mio. Euro (2024) fort.
Trotzdem hält die Stadt an ihrem ehrgeizigen Zukunftsprogramm fest und will in den kommenden Jahren zwischen 250 und 330 Millionen jährlich investieren, insgesamt 1,2 Milliarden Euro zwischen 2021 und 2024. Die Ansätze bewegen sich dabei auf dem Niveau der aktuellen Mittelfristplanung bis 2023. Stadtkämmerin Zeller: „Die jetzigen Ansätze greifen die Erfahrungen der vergangenen Jahre auf: Sie berücksichtigen zum einen die Vielzahl großer Investitionen in die Zukunftsthemen der Stadt ebenso wie deren faktische Realisierbarkeit.“ Zu den größeren geplanten Investitionen gehören zum Beispiel die Modernisierung der Hauptkläranlage mit rund 117 Millionen Euro, der Ausbau der Velorouten in der Stadtregion mit rund 53 Millionen Euro und der Neubau der Feuerwache 3 mit rund 26 Millionen Euro. Daneben fließen erhebliche Summen in die Schulinfrastruktur und in den Neu- und Umbau von Kindertageseinrichtungen. Vor zehn Jahren investierte die Stadt noch 225 Euro je Einwohnerin und Einwohner. Im Jahr 2019 lag der Wert bei 418 Euro.
Oberbürgermeister Markus Lewe bringt den Spagat zwischen Sparen und Investieren so auf den Punkt: „Eine generationengerechte Politik bedeutet, dass wir die Schulden begrenzen müssen, um unseren Kindern Gestaltungsspielräume zu erhalten. Sie bedeutet aber nicht, auf wichtige Investitionen für die Zukunft unserer Stadt zu verzichten.“
Beschlossen hat der Rat außerdem weitere Unterstützungsangebote für die Gastronomie. Unter anderem soll die Nutzung öffentlicher und privater Flächen im städtischen Eigentum für die Außengastronomie und für das Schaustellergewerbe bis Ende 2021 kostenfrei möglich sein.