
Vera Lengsfeld, einst DDR-Bürgerrechtlerin und bis heute immer noch engagierte Publizistin, war auf Einladung des Hayek-Clubs Münsterland in Münster zu Gast.
„Haben wir noch Meinungsfreiheit?“ Auf diese Leitfrage ihres Vortrags antwortete Vera Lengsfeld mit einer Anklage gegen Angela Merkel, Politik und Medien, aber auch die schweigende Mehrheitsbevölkerung, also eher mit einer politischen Bestandsaufnahmen statt einer juristischen. „Die Demokratie wird uns unter den Füßen weggezogen“, meint Lengsfeld, „und die Mehrheit schweigt dazu“. Sie hätte nach dem Untergang der DDR nicht gedacht, sie müsse sich noch einmal für Meinungsfreiheit in Deutschland einsetzen, aber so weit sei es gekommen.
Die Kommunikation zwischen Politik und Medien auf der einen, den Bürgern auf der anderen Seite sei in der gegenwärtigen Krise durch ein Glaubwürdigkeitsproblem massiv gestört. Aufgrund der Großen Koalition kontrolliere der Bundestag die Regierung nicht mehr. Es bestehe keine parlamentarische Opposition, die diesen Namen verdiene oder Alternativen anböte. Die Politik breche reihenweise Verträge und bürde der Gesellschaft gewaltige Kosten auf, die – noch – durch eine funktionierende Wirtschaft aufgefangen würden, was den Umfang der Krise – noch – verdecke.
Auch die Medien kontrollierten die Regierung nicht mehr, sondern fungierten mit „totalitärem Kampagnenjournalismus“ als ihr Verkündungsorgan, etwas bei der Durchsetzung der „Masseneinwanderung“ von Menschen im vergangenen Jahr. Merkel ändere in diesem Zusammenhang nur ihre Rhetorik, aber nicht ihre Politik, sie sei ohne jede Einsicht in ihre Fehler. Merkel habe im Alleingang die Grenzen für alle geöffnet, stelle sich jetzt aber als Opfer des Dublin-Verfahrens dar. Indem Merkel den Gedanken des postfaktischen Zeitalters aufgreife, erkläre sie die Menschen für unmündig und nur ihren Gefühlen folgend, dabei sprächen gerade die Fakten gegen Merkel. Merkel-Kritiker würden deswegen als „Nazis“ verunglimpft, Meinungsäußerungen, die Unbehagen an der gegenwärtigen Situation äußerten, würden auf Facebook als Hatespeech aus dem Verkehr gezogen. Die Berater, die Justizminister Heiko Maas dabei zur Seite stünden, seien wie Julia Schramm pikanterweise selbst mit Hasstiraden bekannt geworden oder hätten wie Anetta Kahane früher für die Stasi gearbeitet. Letztere habe es zum Problem erklärt, dass die Leute im Internet immer noch sagen könnten, was sie wollen.
Weitere Einschränkungen der Meinungsfreiheit macht Lengsfeld an dem immer hasserfüllteren Vorgehen gegen andere Meinungen im Land fest, so werde die Person und die wirtschaftliche Existenz von Akif Pirincci vernicht, für Äußerungen, die er so nie getan habe, der angesehene Professor Jörg Baberowski sei wegen Einwanderungskritik in die rechtsradikale Ecke gerückt worden und der Falk Richter habe ein Hass-Theaterstück gegen eine Reihe von politisch andersdenkenden prominenten Frauen aufgeführt. Auch die Demonstrationsfreiheit sei bedroht, wenn Kundgebungen nur noch unter massivem Polizeischutz stattfinden könnten. Unter den Bedingungen von Sprach- und Denkverboten sei der freie Austausch von Meinungen und damit das Erfolgsrezept der Demokratie außer Kraft gesetzt. Es gebe eine vorauseilende Anpassung die vermutete Mehrheitsmeinung, und abweichenden Meinungen werde nicht mehr argumentativ begegnet.
Was ist aber der Ausweg aus der verfahrenen Situation? Wir müssen lernen, unsere Meinung wieder frei zu äußern, so Lengsfeld. Die Überwindung des giftigen Klimas der Denunziation und der Stigmatisierung Andersdenkender könne dann zu einer ehrlichen und ergebnisoffenen Diskussion über die Zukunft des Landes führen.