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Urban Knitting: Hand drauf oder Hände weg?

März 29, 2013

Ein bestrickender Trend ist auch in Münster angekommen,  Passanten wundern sich über allerlei bunte Wolle an den Straßen: Wer häkelt da und warum?

SAM_0263Die Kunstaktion „Hand drauf!“ ermöglicht zurzeit mit Zustimmung der Münsteraner Ordnungsbehörden Strick-Kunstwerke in der Warendorfer Straße anzubringen. Dort ist auch „Cola Junkie“ unterwegs:  Die junge Studentin, die sich so mit Künstlernamen nennt, ist eine der Strick-Aktivistinnen in Münster. Als ich sie treffe, bringt sie in der Straße ein Häkel-Graffiti mit flinken Handbewegungen an einer Ampel an. Auch wenn das Teil in dreitägiger Arbeit vorgefertigt ist, so dauert das Befestigen doch einige Minuten. Passanten kommen vorbei. Einer gibt sich als Sprayer zu erkennen und fragt ironisch, ob das ganze erlaubt sei, wird etwas laut dabei, es kommen ihm jedoch zum Schluss einige Worte der Anerkennung über die Lippen.

„Cola Junkie“ macht das zeitaufwändige Hobby aus Spaß und möchte mit ihrer Kunst Freude machen, sie weiß, dass ihre grellbunten und auffälligen Werke oft Grinsen und Lächeln bei Vorbeigehenden hervorrufen: „Ich möchte einen kleinen Lichtblick im grauen Alltag schaffen!“ Sonstige hintergründige oder politische Motivationen weist sie von sich. Auf das Guerilla-Häkeln ist sie Ende 2011 gekommen, als sie überlegte,  sich angesichts des kalten Winters Mütze und Schal selbst zu häkeln. Auf der Suche nach Strick-Literatur stieß sie zufällig auf ein Buch über Strick-Graffiti, sofort war Sie fasziniert von dem Ungewohnten und Neuen der Idee. Zuerst begann sie kleinere Sachen  zu überstricken, ehe sie sich auf die Straße wagte. Neben Büchern ist auch das Internet wichtiger kreativer Anreger, mit Strickgruppen an der Volkshochschule oder sonst irgendeiner „Szene“ hat sie jedoch nichts zu tun.

Die neue Akzeptanz, die Häkeln und Stricken in den jüngeren Generationen finden, ist unter anderem auf den do-it-yourself-Trend zurückzuführen, die neue Lust am Selbermachen. Die Verhäkelung des öffentlichen Raums kommt als Trend aus den USA und firmiert unter den verschiedensten Bezeichnungen: so als Urban Knitting, Guerilla Knitting oder Yarn Bombing.  Ganze Bäume und Plätze werden dabei mit bunten Strickflechtwerken und gestrickten Symbolen übersät, auch Strick-Flashmobs gibt es. Mit Feminismus hat es am Rande auch zu tun, da hier der männlich dominierten Sprayerszene vor allem durch Frauen etwas Konkurrenz gemacht wird. Im Gegensatz zu den Graffiti der Sprayer sind die Häkel-Netze und -Matten an Laternenpfählen aber flauschig warm, sie stören oft niemanden  und sind wenigstens rückstandslos entfernbar, wenn die erforderliche Genehmigung fehlt. „Hand drauf!“ oder „Hände weg!“ ist da die Frage.

Hier ein Rundblick über Häkel-Graffiti, die derzeit in Münster zu sehen sind.