Posts Tagged ‘Printmedien’

Von Dinosauriern, Fake News und KI

Juli 28, 2023
Christoph Skutella, Helmut Markwort, Christoph Rolf und Jürgen Meyer (v.l.)

Zu einer launigen Diskussionsrunde über den Wandel der Medienlandschaft kam es am Donnerstag auf Einladung des Landtagsabgeordneten Christoph Skutella in Weiden. Mit ihm, OTV-Geschäftsführer Christoph Rolf und Jürgen Meyer, Radio Ramasuri, diskutierte die Journalismus-Legende Helmut Markwort, einst Gründer des „Focus“, mittlerweile medienpolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion im Maximilianeum.

Aufgrund seines hohen Alters war Markwort in der Runde respektvoll als „Dinosaurier“ betitelt worden und damit berufen, die aufgeworfene Frage zuerst zu beantworten, wie sich die Medienlandschaft verändert habe. Betrüblich findet er den Auflagenverfall der gedruckten Tageszeitungen, weil man am Computer nicht so lange lesen könne. „Je weniger die Leute wissen, umso mehr glauben sie“, fürchtet Markwart aufgrund des rückläufigen Leseverhaltens. Er selbst bleibe Papierzeitungsfan, lese mehrere davon am Tag. Im Internet zählten nur die Klicks, was mit einem Qualitätsverlust einhergehe. Ein großes Problem sei, dass die Zeitungen keine Austräger mehr fänden. Verdrießlich sei allgemein der „Haltungsjournalismus“, der sich überall breitgemacht habe und Fakten unterschlage.

Rolf erinnerte sich, wie das Smartphone die Medienwelt auf den Kopf gestellt habe, den mit ihm könne man überall Medien konsumieren. Das „Lagerfernsehen“ für die ganze Familie sei „zerbröselt“. Junge Menschen seien heute nur noch punktuell durch das Lokalfernsehen zu erreichen, über Social Media. Leider ließen sich nicht alle Medienprodukte in die digitale Welt übertragen, sie funktionierten dort nicht. Generell lasse sich auf den digitalen Verbreitungswegen leider kein Geld verdienen.

Skutella merkte an, dass soziale Medien für die jüngste Generation wie TikTok sehr schnelllebig seien. Es fehle oft an Einordnung. Leider sind die Umgangsformen in den digitalen Medien manchmal recht rau. Skutella forderte, dass Politiker hier mit gutem Beispiel in der Wortwahl vorangehen müssten. Als großes Problem wertete Markwort die Fake News, die von nicht kontrollierten Medien, z. B. aus Russland, gestreut würden. Hier komme es darauf an, seriöse Quellen von unseriösen unterscheiden zu lernen. Rolf riet, sich aus unterschiedlichen Quellen zu informieren.

Wie wird die Zukunft aussehen, und was kann man in der Zukunft besser machen?

Markwort kämpft für eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der zu „grünlastig“ sei und überhaupt mit derzeit zehn Milliarden zu viel Geld erhalte, das in Verwaltung, Doppelstrukturen und identische Angebote versickere. Die Macht der Kirchen im Rundfunkrat sei zu stark, das „Wort zum Sonntag“ sei ein überholtes Relikt. In der aufkommenden KI sieht er vor allem eine Gefahr für Urheberrechte. Rolf berichtete, dass KI bei OTV bereits eingesetzt werde, aber nicht für die Contentgenerierung, sondern etwa um Tonspuren zu filtern. Skutella hält die KI für die Generierung von brauchbaren Inhalten auch noch zu schwach.

In der an die Diskussion anschließenden Fragerunde wurde deutlich, dass im Publikum die Betrachtung zur Medienlandschaft skeptisch weitergedacht wurden, große Unzufriedenheit mit dem deutschen, aber auch speziell lokalen Medienangebot wurde artikuliert. Man ahnt auch, dass die KI im Mediengeschäft einiges durcheinanderwirbeln und Fake News noch schwerer erkennen lassen wird.

Die „na dann…“: Ein Wegweiser durch die Stadt Münster

August 29, 2016

P1000195

Wer nach Münster kommt, dem dürften schon bald die eigentümlichen Rikschas auffallen, die an zentralen Punkten der Stadt aufgestellt und am Mittwoch noch voller Kartons mit kleinen Heften sind. Es handelt sich um die Druckausgabe der allseits bekannten und geschätzten „na dann…“, ein lebendiger Kleinanzeigenmarkt mit Veranstaltungskalender, der wegen eines Kommentars am Anfang jedes Heftes unter der Überschrift „Presseausweis“ gerade noch als Presseerzeugnis durchgeht. Vor allem aber wird dort fündig, wer etwa als Student auf der Suche nach einem schnellen kleinen Job oder einer günstigen Wohnung ist.  Unter der Rubrik „Ständige Termine“ inserieren eher linke Gruppen: Seien es Fraueninitiativen, Schwule und Lesben, Psychiatrikritiker, die Grüne Jugend oder die Attac-Regionalgruppe. Neben dem presserechtlich verantwortlichen Alt-68er Arno Tilsner schreibt am Anfang des Heftes der CDU-Politrentner und Islam-Apologet Ruprecht Polenz, beide zoffen sich auch auf Facebook, es geht also recht kontrovers zur Sache. Viele Stadtdebatten sind in diesem Miniatur-Presseerzeugnis schon ausgetragen worden, zB die Auseinandersetzung um die Umbenennung des Hindenburgplatzes in Schlossplatz. Seit 1980 gibt es die „na dann…“ schon, die Printauflage ging aber wohl wegen des Internets, wo die „na dann..“ natürlich auch zu finden ist, in den letzen Jahren stark zurück auf 22000. Es bleibt also ungewiss, ob die Rikschas noch sehr lange zum Stadtbild Münsters gehören werden.

Lokalzeitung hat Zukunft, aber nicht ohne Einschränkungen

Januar 11, 2013

Inmitten der die Printmedien erreichenden Krise werden Stimmen laut, die vor allem der Lokalzeitung noch eine Zukunft zubilligen. Neben der selbstverständlichen Berichterstattung aus dem Erscheinungsort und Umgebung muss eine Lokalzeitung auch Berichte aus den nahgelegenen Metropolen bieten, in die die Leser für Arbeit, Freizeit oder Einkauf pendeln. Die Lokalzeitung sollte auch eine Einordnung des lokalen Geschehens in übergeordnete Zusammenhänge bieten.

Aber auch als Alleinanbieter können Lokalzeitungen in Finanzierungschwierigkeiten kommen, wenn das betreute Gebiet wirtschaftlich verelendet und mit Bevölkerungsverlusten durch Abwanderung zu kämpfen hat.  Alle Zeitungen müssen sich auch gegen die Konkurrenz aus dem Internet als Stellen-, Auto-, und Immobilienmarkt behaupten. Ein dichtes Netz von freien Mitarbeitern als Lokalberichterstatter hält die Leser-Blatt-Bindung aufrecht und besorgt die Vereinsberichterstattung, auf die auch in Zukunft nicht so ohne verzichtet werden kann. Sie wird meiner Erfahrung nach von Lesern einer Lokalzeitung mehr honoriert als hohes journalistisches Niveau.

Die Inhalte des Mantelteils erwartert der Leser wohl kompetenter und fundierter von überregionalen Zeitungen. Im Internet findet der Leser gratis ein umfassenderes und aktuelleres Angebot aus dem ganzen Globus vor.  Es erscheint daher unsinnig, wenn Lokalzeitungen die Sparschere zuerst an ihrem Lokalteil ansetzen, noch dazu wenn sie Alleinanbieter für die Lokalberichterstattung sind.

Die Zeit ist überdies noch nicht reif dafür, die Printausgabe zugunsten des Internetauftritts einzustellen, da noch erhebliche Teile der Bevölkerung kein Internet haben oder beim Lesen lieber ein Blatt Papier in der Hand halten.